Kultur: Melancholisch bis ausgelassen
Tänzerische Mittelaltermusik in der Ovidgalerie
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Zu dieser Musik werden die Zuhörer wohl kaum getanzt haben, auch wenn die Kompositionen immer wieder auf ausgelassene Weise tänzerische Themen zitieren. Doch die Lieder, die Alejandro Villar und David Mayoral am Donnerstag unter dem Motto „Von einem Ufer zum anderen. So klingt Mittelalter am Mittelmeer“ in der Ovidgalerie der Neuen Kammern spielten, sprachen mehr die Ohren denn die Beine an. Auch wenn es immer wieder diesen Reflex gab, sich einfach mitreißen zu lassen von dieser Lebendigkeit, diesem Rhythmus.
Ensemble Eloquentia nennen sich Villar und Mayoral. Alejandro Villar spielt die unterschiedlichsten Flöten, David Mayoral die unterschiedlichsten Perkussionsinstrumente. Es sind so typische Instrumente der mittelalterlichen Tanz- und Instrumentalmusik, die noch so tief und selbstverständlich in der Volksmusik verwurzelt sind, dass es nur wenige Töne von ihnen braucht, um ein gewisses Gefühl, einen gewissen Bezug zu einem Land, einer Region oder einer Kultur herzustellen. Und immer schwingt auch etwas Sehnsuchtsvolles, Traumhaftes mit, wenn diese Instrumente erklingen – ob allein oder im Zusammenspiel. So war diese Reise in das mittelalterliche Italien und Frankreich, Spanien und den Orient auch eine Reise mit unseren heutigen Sehnsüchten in den Mittelmeerraum, weil Musik ja immer zeitlos ist, wenn sie bestimmte Empfindungen weckt.
Villar nutzte verschiedene Blockflöten, eine Doppelflöte, selbst ein Exemplar aus Tierhorn. Mayoral wählte immer wieder aus einem Arsenal verschiedener Hand- und Rahmentrommeln, dazu Santur und Glocken und ein Schellenband um das rechte Bein. Es braucht so wenig in den Händen von zwei Virtuosen, um eine Ahnung von längst vergangenen Zeiten aufkommen zu lassen. Meditativ und melancholisch, dann wieder virtuos und lustvoll-ausgelassen spielte Villar die Flöten und schuf so Bilder von idyllischen Hirtenszenen und Naturlandschaften, wilden Tanz- und Festgelagen. Mayoral setzte mal behutsam, fast schon tastend, dann wieder kraftvoll-treibend seine rhythmischen Akzente. So entstand ein instrumental-minimalistischer, in seiner musikalischen Vielfalt so farbenfroher Kosmos. Eine Reise durch Länder und Kultur, die an den Küsten des Mittelmeers begann und dann immer tiefer in die Regionen hinreichte. Weiter, schöner und bereichernder kann man in anderthalb Stunden kaum reisen. Dirk Becker
Dirk Becker
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