Kultur: Menschengeschichten
Günther Rücker starb mit 84 Jahren / Seine Filme machten ihn weit bekannt
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Vor allem seine Filme machten den Schriftsteller und Regisseur Günther Rücker bekannt, Filme, die sich mit der deutschen Geschichte und der DDR-Gegenwart beschäftigten. Die DEFA holte ihn 1956 in ihre Babelsberger Studios, zunächst als Drehbuchautor. Sein erstes Filmbuch galt einem zeitgenössischen Thema aus der Landwirtschaft, der vertrackten Weißkohl-Ernte einer LPG. Für „Junges Gemüse“ hat Rücker eine herrliche Satire geschrieben, die bei SED-Funktionären jedoch auf wenig Gegenliebe stieß. Der Film musste mehrfach verändert und mit neuen Texten nachsynchronisiert werden.
1960 wandte sich der Autor dann einem historischen Thema zu, das erst 21 Jahre zurücklag: der Überfall Nazi- Deutschlands auf Polen. Gemeinsam mit Wolfgang Kohlhaase schrieb Günther Rücker das Drehbuch zu „Der Fall Gleiwitz“ – eine äußerst gelungene Arbeit der Autoren und des Regisseurs Gerhard Klein. Reportagehaft, sachlich und kühl wurden die Ereignisse um den 31. August 1939 dokumentiert. Auch mit diesem Ergebnis waren die SED-Oberen nicht einverstanden. Sie vermissten im Film Parteilichkeit und warfen den Machern eine Verherrlichung der Organisationsfähigkeit der Nationalsozialisten vor.
Auch der 1980 entstandene DEFA-Film „Die Verlobte“ spielt in der Zeit des NS-Regimes. Neben dem Szenarium war Günther Rücker hier gemeinsam mit Günter Reisch für die Regie verantwortlich. „,Die Verlobte“ ist kein Geschichtsfilm, sondern ein Film voller Menschengeschichten, aufrüttelnder, bewegender, pointiert und in wunderbarer Sprache erzählter Frauenschicksale“, hieß es in einer Kritik. Mit Jutta Wachowiak wurde eine Schauspielerin verpflichtet, die den enormen Anforderungen der Rolle bewegend gerecht wurde.
Acht Spielfilme entstanden bei der DEFA mit Günther Rücker als Drehbuchautor beziehungsweise als Co-Regisseur. Ob Geschichten, die in der Vergangenheit oder in der Gegenwart angesiedelt, immer waren seine Arbeiten von großem Belang. Man denke an „Die besten Jahre“ (1965), „Wolz – Leben und Verklärung eines deutschen Anarchisten“ (1973) oder „Bis dass der Tod euch scheidet“ (1978). Im Jahre 1985 entstand sein letzter Film in den Babelsberger DEFA-Studios: „Hilde, das Dienstmädchen“ . Es ist eine autobiografische Erzählung über Rückers Jugend und das Heraufkommen nationalsozialistischer Tendenzen im Sudetenland.
Am 2. Februar 1924 wurde Günther Rücker in Reichenberg (heute Liberec) geboren. Auch er musste das Soldatenleben des zweiten Weltkriegs kennenlernen. 1945 kam er in britische Kriegsgefangenschaft. Nach der Entlassung nahm Rücker an der Theaterhochschule in Leipzig ein Studium auf. Ab 1952 schrieb er Hörspiele, wobei die Zusammenarbeit mit dem Komponisten Paul Dessau begann. Immer wieder arbeitete er aber auch als Buchautor. Einer seiner bekanntesten Romane wurde 1992 „Otto Blomow“. Darin thematisierte der Schriftsteller erneut die deutsche Geschichte, die Schicksale seiner Generation, die von Diktaturen und Krieg geprägt war. Vorgestern ist Günther Rücker im Alter von 84 Jahren gestorben.
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