Musikfestspiele Potsdam Sanssouci 2015: Minioper "Giardino d’Amore": Zierpflanzen und Gemüse
"Musik und Gärten" - so lautet das Motto der diesjährigen Musikfestspiele Potsdam Sanssouci, die vom 12. bis zu 28. Juni stattfinden. Antje Rößler über die musikalische Seite der Minioper "Giardino d’Amore".
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Die Szene und die Qualität der Sänger hat Kritiker-Kollege Peter Buske in seinem Premierenbericht schon ausführlich beleuchtet. Daher soll an dieser Stelle die musikalische Seite des „doppelten Liebesgartens“ im Vordergrund stehen. Da sowohl Alessandro Scarlattis Minioper „Giardino d’Amore“ als auch Johann Sebastian Bachs „Bauernkantate“ eher handlungsarm daher kommen, ist das Orchester nämlich der eigentliche Star des Abends.
Zumal, wenn so frisch, fröhlich und lebhaft musiziert wird, wie es das flämische Barockorchester B’Rock an den Tag legt. Der Name des Ensembles ist treffsicher, denn die Musiker an ihren historischen Instrumenten zeigen bei jedem Tempo einen aparten Groove.
Als Open Air-Stücke gedacht
Die beiden aufgeführten Stücke dieses Musiktheater-Abends entstanden im Abstand weniger Jahrzehnte – doch musikalisch unterscheiden sie sich wie der Zierpflanzengarten vom Gemüsebeet. Scarlatti schuf eine zarte, amouröse Miniatur mit gurrenden Koloraturen in sanftem Italienisch. Bachs handfeste „Bauernkantate“ hingegen, die mancherlei schenkelklopfendes Geschunkel bietet, würde man am liebsten in deftigem Sächsisch gesungen hören. Einige Dialekt-Ausdrücke hat der Librettist Picander ja schon eingebaut.
Beide Stücke könnte man sich gut als Open Air vorstellen. Zumindest Scarlattis Serenata – so nannte man die kleine Schwester der Oper – ist explizit für die Freiluftaufführung im sommerlichen Rom entstanden. Passend zum Anlass geht es hier darum, wie die Liebesgöttin Venus und ihr Adonis sich bei Spaziergängen im Hain suchen und finden.
Lebhaft und dann wieder lyrisch versponnen
In der Potsdamer Schinkelhalle haben sich die 17 Instrumentalisten als Bäume verkleidet – sie tragen grasgrüne Gewänder und spielen barfuß. Blank geputzt, wie nach einem Sommerregen, glänzt auch ihre Musik. Der schwedische Dirigent Olof Bomann untermalt am Cembalo phantasievoll die Rezitative und setzt silbrige Akzente auf den Streicherklang.
Das Orchester spielt mal lebhaft und hurtig, dann wieder lyrisch versponnen. Für Farbtupfer sorgen die Solisten. Fruzsi Hara an der ventillosen Barocktrompete setzt mit geschmeidiger Virtuosität den Götterglanz der Venus in Szene. Anne Freitag imitiert mit ihrer kleinen Blockflöte die Nachtigall. Die Musiker erwecken das Rauschen der Bäume und das Plätschern des Bachs zum Leben, so dass eine zauberhafte „Sommernachtstraum“-Atmosphäre entsteht.
Während Scarlattis Musik an ein raffiniert arrangiertes Blumenbeet erinnert, wirkt Bachs „Bauernkantate“ wie ein nahrhafter Gemüsegarten. Der Komponist zeigt sich hier von seiner heiteren Seite, indem er eine Reihe von Volkstänzen und populären Melodien verwandte.
Freibier für alle
Das Ensemble B’Rock spielt das so fröhlich, sinnlich und mit kraftvollen Akzenten, dass etliche Zuschauer mit den Füßen wippen. Wenn dann Bäuerin und Bauer ihre Tanzpartner im Publikum suchen, müssen sie nicht lange bitten... Meist jedoch tauschen sich die beiden über die neue „Oberkeet“ (Obrigkeit) und den damit einher gehenden Dorftratsch aus. Dabei polieren sie die Gläser in der Schenke, denn es gibt Freibier, auch für die Besucher der Schinkelhalle.
Bach komponierte das Stück zum 36. Geburtstag eines kurfürstlich-sächsischen Kammerherrn, der auf dem Rittergut Kleinzschocher bei Leipzig lebte. Auch die Uraufführung im August 1742 dürfte also feuchtfröhlich zu Ende gegangen sein.
Diese Kritik entstand in Zusammenarbeit mit unserem Partner Musikfestspiele Potsdam Sanssouci.
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Antje Rößler
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