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Kultur: Mit artifizieller Hingabe

Musikfestspiele: Altus Max Emanuel Cencic

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Musikfestspiele: Altus Max Emanuel Cencic Dass Weiberherzen trügerisch sind, weiß man spätestens seit den tenoralen Bekundungen des Verdischen „Rigoletto“-Herzogs von Mantua. Bei einem dieser frivolen Abkömmlinge war zeitweilig auch Antonio Vivaldi als Hofkapellmeister tätig, der der aristokratischen Gesellschaft manche „Cantate d''amore“ fürs gesellig-dekadente Beisammensein lieferte. Eine Zusammenstellung von Liebeskantaten aus dessen Feder („Care selve, amici prati“/Liebe Wälder, Freunde, ihr Wiesen; „Amor hai vinto“/Amor, du hast gesiegt) und der von Domenico Scarlatti („Tinte a note di sangue“/Mit Blut geschrieben) offerieren die Musikfestspiele im intimen Ambiente Raffaelsaals in der Samnssouci-Orangerie, garniert von Instrumentalmusik aus der Blütezeit des italienischen Barocks. Wenn Altus Max Emanuel Cencic, ehemals ein Wiener Sängerknabe und daher musikalisch bestens ausgebildet, von den Liebesqualen eines Jünglings erzählt oder die barockbeliebte Metapher von der Seele als Schiffchen auf sturmbewegtem Meer beschwört, dann geschieht das mit atemberaubender stimmlich-artifizieller Hingabe. Dabei kann er auf die intime Wirkung seiner Stimme vertrauen, die ihr Herkommen von einem Sopran nicht leugnet. Die Dacapo-Teile der Arien versieht sie mit raffinierten Verzierungen, so ihre kehlkopfvirtuosen Ansprüche mit immer neuen Variationen einlösend. In schier atemberaubenden Tempi jagt er über die koloraturgespickten Hürden, ohne je ins Straucheln zu geraten. Allerdings lassen sich in der Höhe, wenn sie forciert angesteuert wird, einige leichte Schärfen nicht überhören. Ansonsten befleißigt er sich eines objektivierenden Vortrags. Er führt sein verhältnismäßig kleines Organ instrumental, wodurch es sich vorzüglich dem Klang des begleitenden Ensembles einfügt. Es nennt sich „ornamente 99“, was sowohl auf das Gründungsjahr als auch die Hinwendung zu barocken Spieltechniken verweist. Den Kern der herrlich musizierenden Truppe bildet das Blockflötenduo Dorothee Oberlinger und Karsten Erik Ose. Beide geben mit dem leicht verhangenen Klang ihrer barocken Blockflöten dem Concerto grosso D-Dur von Arcangelo Corelli eine reizvolle Farbigkeit mit auf den Weg. Extreme Lebendigkeit ist dabei genauso angesagt wie straffe Artikulation und ausdrucksstarke Phrasierung. In der a-Moll-Sonata für Sopranino, Streicher und Basso continuo von Vivaldi ist des fortwährenden Tirilierens und Jubilierens kein Ende. Eine effektvolle Tonmalerei, die an die Höhenflüge und Lautäußerungen einer Lerche erinnert. Vornehmlich in tiefen Lagen ist das Vivaldische Fagottkonzert angesiedelt, dessen Solopart Katharina Brahe mit biegsamem Ton spielt. Zur samtigen Klangfülle ihres Instruments gesellen sich die extremen Akzente der Streicher und des Continuos mit Cembalo (Diez Eichler), Violoncello (Guido Larisch) und Chitarrone (Michael Dücker). Ein reizvoller Kontrast. Ganz in galanten Gefilden ist dagegen das Cellokonzert d-Moll von Leonardo Leo angesiedelt. Guido Larisch spielt es mit viel Gefühl, Darmsaitenglanz und Geschmack. Dass allen Instrumentalisten die Intonation tadellos gerät, gehört zu weiteren Vorzüglichkeiten des stimmungsreichen und heftig akklamierten Abends. Peter Buske

Peter Buske

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