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Kultur: Mit ausgebreiteten Schwingen

„Unikate“ – ein vorweihnachtliches Potpourri in der Galerie Herr – Die Neuen“

Stand:

Auch in der Babelsberger Galerie Herr – Die Neuen ist die Präsentation eines Potpourris von Künstlern in der Vorweihnachtszeit zur Tradition geworden. Der Galerist Holger Herr hat das Künstlerpaar Dieter und Ilona Döhl, Sigrun Pfitzenreuter, Eberhard Kyntschl und Uwe Schulze eingeladen, um „Unikate“ – so der Titel der Schau – der Malerei, Plastik und Fotografie zu zeigen.

Eine Überraschung mag der Beitrag Eberhard Kyntschls sein, der den Potsdamern bislang vor allem als Holz- und Möbelrestaurator bekannt sein dürfte. Auch Holger Herr hatte seinen Weg zu Kyntschls Atelier genommen, um sich von ihm ein altes Möbelstück wieder herrichten zu lassen. In der Werkstatt des Restaurators sprangen dem Galeristen sogleich originelle Holzobjekte ins Auge. Einige dieser aus farbig gebeiztem Nadelholz gefertigten Arbeiten sind jetzt zum ersten Mal im Rahmen einer Ausstellung zu sehen. „Welle“ oder „Woher – Wohin“ lauten die Titel der großformatigen Wandreliefs und „Herbst“ die als Bodenskulptur gearbeitete gesprengte Zapfenform, deren züngelndes Formenspiel erahnen lässt, welch gestalterischer Aufwand sich hinter ihr verbirgt.

Den Ausstellungstitel nicht ganz so wörtlich genommen hat der Fotograf Uwe Schulze, der sich mit kleinformatigen 10-er Auflagen präsentiert. Neben den von ihm aus der Vergangenheit bereits bekannten präzisen Naturaufnahmen in Farbe und Schwarz-Weiß verdient vor allem die dreiteilige Arbeit „Tanz“ Erwähnung. Vor schwarzem Hintergrund meint man lilablaue Schmetterlingsflügel zu erkennen. Erst beim zweiten oder dritten Hinschauen entpuppt sich die Silhouette als Tänzerin mit ausgebreiteten Schwingen. Niemand anders als die auf den Plakaten des Pariser Jugendstil verewigte und vor allem für ihre Tanzperformances legendär gewordene Allroundkünstlerin Loie Fuller wird für Uwe Schulzes Bewegungsstudien mit Tänzerin Pate gestanden haben. Insgesamt eine ästhetisch gelungene und nicht nur für Fuller-Freunde willkommene Bildschöpfung.

In denkbar größtem Gegensatz zur Finesse der im Durchgang zwischen den beiden Ausstellungsräumen beinahe untergehenden Miniformate Uwe Schulzes knallen einem die bonbonfarbigen Acrylbilder der Malerin Ilona Döhl schon von Weitem entgegen. Mit offensichtlicher Vorliebe für Neonfarben wurden hier poppige Blumenarrangements und Stillleben auf die Leinwand gebannt. Daneben kommen die mit ruhigem Pinselstrich und zurückgenommener Farbpalette geschaffenen Bilder Dieter Döhls, auch sie mit Acrylfarbe gemalt, umso stiller, ja man könnte sagen beinahe melancholisch daher.

In dieser Art scheinen sie ein bisschen verwandt mit den Pastellkreiden Sigrun Pfitzenreuters, von der die Ausstellung mit Abstand die meisten Arbeiten zeigt. Dabei unterscheidet sich die Pfitzenreuter im vorderen Ausstellungsraum so sehr von der im hinteren, dass man hinter den verträumten Landschaftspastellen und den humorvollen Figuren aus unbehandeltem Ton in keiner Weise die selbe Urheberin vermuten würde. Wie ihre janusköpfige Skulptur „Zwei in Einem“, offenbart die freischaffende Buchillustratorin und Künstlerin in der Ausstellung zwei sehr unterschiedliche Seiten: die eine verträumt, die andere agil.

Wie so oft in seinen Gruppenausstellungen stellt schließlich auch der Hausherr Holger Herr selber eine Auswahl eigener Kunstwerke aus. Deutlich erkennbar zeigt sich bei ihm die Tendenz zur formauflösenden Abstraktion. In seinen Bildern und Papierarbeiten gibt sich Holger Herr insbesondere im Umgang mit den Maltechniken experimentierfreudig. So setzt er selbst in der Aquarell- undGouachemalerei sehr a-typisch und mit zunehmender Begeisterung den Spachtel ein. In dem Blatt „Tänzerin mit Fächer“ gesellen sich außerdem Gele und Strukturpasten hinzu, die Herr in seinen Bildern in der letzten Zeit bevorzugt integriert.

Was von der Jahresendschau „Unikate“ mit Verzicht auf ein verbindendes Format oder Thema bei so unterschiedlichen Künstlern als Eindruck zurückbleibt, ist letztlich ein Kompromiss.

Bis zum 21. Dezember. Mi-Fr 14-19 Uhr, Sa 11-16 Uhr.

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