
© KatrinWinkler
Kultur: Mit einem Lächeln in der Stimme
Die deutsch-albanische Sängerin Fjoralba Turku trat im Nikolaisaal auf
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Wann beginnt ein Konzert schon mal mit einem Kontrabass-Solo, zu dem der Bassist dann auch noch summt? Die deutsch-albanische Sängerin Fjoralba Turku weiß ganz genau, dass sie den Beginn ihres Auftritts den zarten aber bestimmten Kontrabassklängen von Paulo Cardoso überlassen kann. Mit Volksliedern aus ihrer Heimat Albanien, mit dem Klatschen ihrer Hände, den feinfühligen Jazz- und Balkanbeats von Johannes Jahns Schlagzeug und den Arrangements der Pianistin Andrea Hermenau hatte Fjoralba Turku am Freitagabend im Foyer des Nikolaisaals ein ganz eigenes Programm zu bieten.
Sie gab ihren Musikern viel Raum für Soli, strahlte sympathische Zurückhaltung aus, die einer inbrünstigen Tiefe wich und einem Lächeln in der Stimme, wenn sie sang. Von eben noch zartem piano konnte ein Lied in wenigen Sekunden auf ein leidenschaftliches Fortissimo anschwellen. Und Fjoralba Turkus Stimme offenbarte eine Breite und Reife, mit der sie die Geschichten aus ihrer Heimat singend erzählte. Ihre Stimme war beides zu gleich, Gesang und Instrument. Gespannt lauschte man den fremd klingenden Worten, die manchmal wie ein intensives Flüstern oder sogar wie Schmerzensschreie klangen – und hatte doch das Gefühl zu verstehen. „Walzer des Glücks“ oder „Mein Schatz, was soll ich denn nur tun“, so übersetze Fjoralba Turku einige Titel. Albaner hätten so einen Hang zum Schnulzigen, fügte sie hinzu. Von Kitsch war in ihren Liedern jedoch keine Spur zu finden.
Als Neunjährige war Fjoralba Turku mit falschem Pass über die Grenze nach Deutschland zu ihren Eltern gekommen. Sie ist die Schwester des international nicht unbekannten Violinisten Rudens Turku, hat selbst Geige gespielt und Schauspiel studiert, bevor sie zum Gesang kam. Ihre Heimat hat sie auch als Erwachsene bereist und gerne würde sie bald in Albanien auftreten, verrät sie nach der Pause. Ganz sicher ist sie sich jedoch nicht, wie die Menschen dort ihre verjazzten Versionen der traditionellen Volkslieder aufnehmen würden. Bislang hat sie jedoch nur Gutes zu hören bekommen. Mit ihren Liedern und ihrer Art zu singen, ist sie hier längst zur Botschafterin Albaniens ernannt worden. Turku mischt seit dem Beginn ihrer Karriere 2007 die albanischen Chansons, wie sie sie auch nennt, mit Elementen des Jazz, aus denen sie immer wieder in die traditionellen Laute und Rhythmen ausbricht.
Weich und warm klangen auch eine neu arrangierte Version des Beatles-Songs „Blackbird“ oder des Charles Mingus Klassikers „Eclipse“. Musikalisch getragen und umhüllt wurde der Abend von der Pianistin Andrea Hermenau, die Fjoralba Turku auch als Backgroundsängerin in einzelnen Stücken auf Albanisch begleitete. Sie gilt als eine der vielversprechendsten jungen Jazzpianistinnen und ist selbst bekannt dafür internationale Musikstile in ihren Bandprojekten zu vermischen.
Fjoralba Turkus langjähriger musikalischer Begleiter, der Brasilianer Paulo Cardoso stand mit seinem Kontrabass nicht nur buchstäblich hinter der 27-jähren Sängerin auf der Bühne. Sein rhythmischer Bass und ihre Stimme bildeten das Zentrum des Konzerts. Auch an einigen Arrangements hat Cardoso sich beteiligt. Beide geben auch nur zu zweit Konzerte. Vielleicht verstehen sich die Leichtigkeit brasilianischer Bossanovaklänge mit den sehnsüchtigen albanischen Melodien besonders gut, denn was zuerst weit von einander entfernt scheint, klang an diesem Abend ganz nah und vertraut. Fjoralba Turku konnte sich fallenlassen in die Bassklänge ihres Begleiters. Ein tiefes musikalisches Verständnis schienen die junge Frau und den älteren Musiker zu verbinden – ein Feingefühl, mit dem beide die Klänge ihrer Heimat zu verbinden wussten.
Auf die Frage, welche beliebten Persönlichkeiten aus Albanien dem Publikum einfallen, war vor dem Konzert höchstens Mutter Theresa als Antwort zu hören. Demnächst wird man wohl, zumindest in der Jazzwelt, auch an Fjoralba Turku denken. Undine Zimmer
, ine Zimmer
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