zum Hauptinhalt

Kultur: Mit einem zarten Band

Gunther Rost an der Orgel der Erlöserkirche

Stand:

Für seinen Auftritt beim Internationalen Orgelsommer in der Erlöserkirche hatte der in Würzburg geborene Gunther Rost, inzwischen als Professor für Orgel an der Grazer Universität für Musik und darstellende Kunst tätig, Barockes (Bach, Vivaldi) in ständigem Wechsel mit Modernem (Eben) verbunden.

Zur „Versöhnung“ gab es finaliter opulente Spätromantikkost (Vierne). Dabei führte der 34-jährige Organist die Kunst des konzertanten, nicht des liturgisch gebundenen Orgelspiels meisterlich vor. Und das mit ansteckender Fröhlichkeit und Virtuosität, mit fantasiesprühendem Gespür für Klangfarben und prägnante Soloregister.

Ein „zartes, geheimes Band“ verbinde alle Werke, erläutert Rost zuvor seine Auswahl. Sein Bestreben und das der Komponisten sei, die Orgel als ein Orchester zu verstehen. So fände sich beispielsweise die Solooboe in den langsamen Sätzen von Vivaldischen Concerti wieder, sodass man guten Gewissens das 8-Fuß-Oboenregister ziehen könne. Bei Vierne und seinen Symphonien läge der orchestrale Sound ja sowieso nahe. Auf denn und mit Mozart gesprochen: Liebes Mannder“l, wo ist“s Banderl?

Die dreisätzigen Concerti G-Dur und F-Dur hat Gunther Rost sehr sachverständig transkribiert. Die Allegri als heitere und verspielte, pointiert getupfte Melodien. Er spielt sie höchst vergnüglich. Für“s Largo bzw. Adagio wählt er einen Registermix aus der erwähnten Oboe und der Vox humana, beide mit dem Tremulanten versehen. So entsteht ein nasaler, leicht quäkender Ton. Warum, so Rost bei seinen Erläuterungen, könne man Bachs B-Dur-Partita (aus „Klavierübung I“) statt auf Cembalo oder Steinway nicht auch auf der Orgel tastatieren?! Gesagt, getan. Filigrane, farbraffinierte Soloregister suchen den Saitenklang zu imitieren, heben die Tanzsätze gekonnt voneinander ab.

Auch in den Beiträgen Petr Eben (1929-2007) meidet er ausuferndes Plenum. Wie gut, dass man vorher Kunde erhielt, worum es in den tonmalerischen Stücken geht. In „Die süßen Ketten der Liebe“ aus „Das Labyrinth der Welt und das Paradies des Herzens“ entwickle sich das Geschehen zum Symbol eines „missverstandenen Ewigkeitsversprechens“. Die Schärfe der Prinzipalstimmen und der tokkatische Zuschnitt sorgen für jenen Eindruck. Messiaen-nahe Wirkungen bestimmen das clusterreiche, lastende und beklemmende „Geheimnis der Schöpfung“ aus „Hiob“, bei dem sich Gott aus einem Gewitter heraus (verstörende tokkatische Attacken) offenbart.

Im Adagio und Finale aus der VI. Orgelsymphonie von Louis Vierne (1870-1837) kommt endlich das Plenum ins Spiel. Posaunendüsteres Pedal nebst liegendem Orgelpunkt bestimmt über weite Strecken das breit sich entwickelnde Klanggeschehen, das sich langsam in Helle und Erhabenheit steigert, im Finale zu grotesker Direktheit anschwillt. Da bleiben durch Rosts analytisches Spiel stets die Strukturverläufe erkennbar.

Viel Beifall, eine Zugabe.

Peter Buske

Peter Busk

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })