zum Hauptinhalt

Kultur: Mit einer ganzen Menge Krach Gelebte Jugendkultur auf dem Bassinplatz

Ziemlich laut wurde es am Samstag auf dem Bassinplatz, wo bereits zum zweiten Mal zum SummerRock Open Air gebeten wurde. Gut, so richtig sommerlich wurde es auch an diesem Wochenende nicht, aber in einem weiteren verregneten Juli kann man ja froh sein, wenigstens trocken davonzukommen.

Stand:

Ziemlich laut wurde es am Samstag auf dem Bassinplatz, wo bereits zum zweiten Mal zum SummerRock Open Air gebeten wurde. Gut, so richtig sommerlich wurde es auch an diesem Wochenende nicht, aber in einem weiteren verregneten Juli kann man ja froh sein, wenigstens trocken davonzukommen. Das sollte diesmal sogar klappen.

Es ging ganz explizit um Jugendkultur, wobei sich der Veranstalter Onelove Events als ein ehrenamtliches Kollektiv junger Menschen versteht, welches das hehre Ziel verfolgt, in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendring und dem Archiv eine unabhängige Plattform für selbst gestaltete Kreativität zu bieten. Was im Ansatz vielleicht ein bisschen sperrig klingt, entpuppte sich als gelungener Abend mit einer ganzen Menge Krach. Zumal es schon eine Herausforderung war, gegen das gleichzeitig stattfindende Ultrash-Festival im „Freiland“ anzuspielen – ganz schön was los in Potsdam.

Hungry at Heart eröffneten den Reigen als relativ frische Potsdamer Band, wobei dem Opener immer die undankbare Aufgabe zufällt, die Anwesenden aus dem Dornröschenschlaf zu reißen. Das haben die Lokalhelden mit ihrer Rock-Screamo-Mixtur allerdings recht gut hingekriegt, auch wenn das Publikum noch nicht so richtig in Wallung kommen wollte. Robert Paulson klangen dagegen ganz anders, ziemlich schräge Musik mit einer deutlich melancholischen Note – wobei Schlagzeug und Bass beeindruckend harmonierten, während die Gitarre den Soundteppich dazu webte. Schade allerdings, dass die Kopplung der instrumentalen Parts mit dem Gesang nicht gelingen wollte; die kehlige Brachialität schoss über das Ziel hinaus. Lautstärke kann Technik eben doch nicht ersetzen.

Also zurück zur alten Schule: Final Effort schwimmen immer noch auf der Welle des guten alten New-York-Hardcore der 90er, schöne Midtempo-Parts, gepaart mit Nackenbrecherrhythmen. Die Leipziger Gegend scheint eine gute Küche für Hardcore-Gerichte zu sein, und zumindest im Posing kannten sich die Jungs aus: Als Bassist muss man sich die Axt natürlich auf Kniehöhe schnallen – jeder Bassist weiß, wie schlecht sich das spielt, aber es sieht einfach besser aus. Alles in allem ein außerordentlich solider Spaß.

Auch wenn sich der Bassinplatz mittlerweile recht gut füllte, zum Tanzen war noch keiner so richtig aufgelegt. Zu hell? Zu wenig Bier? Zu aufgeregt vor dem Headliner Cherry Bomb aus Potsdam? Spekulation. Nächster Versuch: Deutschpunk. Und zwar handwerklich gut gemacht von der Berliner Combo Alltagsdasein, die den „Woohoohoo“-Chorus zwar recht inflationär ausreizte, aber vor allem eines war: pure Unterhaltung. Die Quatschköpfe waren die geborenen Entertainer und mit ihrem selbstbetitelten „Möchtegernpunk aus Berliner Hochglanzghettos“ mitreißend sympathisch.

Egal, im Prinzip war alles nur Support für den Headliner. Und Cherry Bomb drückten nicht nur den Altersdurchschnitt der Anwesenden nach oben, sondern zeigten mal wieder, was eine Harke ist. Und das merkte man auch bei den Anwesenden, geradezu befreiend ging da ein Ruck durch die Menge und die zaghaften Bewegungen zu den Vorbands wichen wildem Pogo. Eine gelungene Generalprobe vor dem anstehenden Gastspiel auf dem „Force Attack“ und der folgenden Tour durch Deutschland und Holland – und das Turbonegro-Cover zum Abschluss ein sauberer Mittelfinger ins breit grinsende Publikum. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })