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Kultur: Mit freudiger Erwartung Bachsche Orgelmusik

in der Nikolaikirche

Stand:

Wie jedes Jahr um diese Zeit schickt der in der Kuppel der Nikolaikirche aufgehängte Stern von Bethlehem sein mildes Licht in den Kirchenraum. Am Adventskranz ist nunmehr die zweite rote Kerze entzündet. Auch deren Leuchten gibt der Sehnsucht nach Licht und Wärme und Geborgenheit in dieser dunklen Jahreszeit einen stimmungsvollen Ausdruck. An diesem 2. Adventssonntag ist das Schinkelsche Gotteshaus ein Ort der Ruhe und inneren Einkehr, dem sich die passende Musik hinzugesellt. „Mit Bach in den Advent“ nennt Kantor Björn O. Wiede sein traditionelles Orgelkonzert zur Einstimmung auf das bevorstehende Geburtsfest Jesu, genannt Weihnachten. Zum Auftakt wählt er den Doppelpack von Praeludium und Fuge C-Dur BWV 547. Der farbenreiche und leuchtende Klang der Kreienbrinkschen Altarorgel ist dafür wie geschaffen. Dabei bevorzugt Wiede eine einheitliche Registrierung. Mit schlichter Eindringlichkeit, klar und überschaubar in den polyphonen Strukturen, breitet er die majestätische Fuge aus.

Auszugsweise liest er aus dem Lukas-Evangelium jenen Bericht vom Besuch der schwangeren Maria im Hause des Jerusalemer Tempelpriesters Zacharias und seiner Gattin Elisabet. Die verkündete der werdenden Mutter die frohe Botschaft ihrer Niederkunft („da hüpfte das Kind in Marias Leib“), worauf Maria antwortet: „Meine Seele erhebet den Herrn.“ Ein Bekenntnis, so recht dazu angetan, vertont zu werden. Unter anderem auch von Johann Sebastian Bach, dessen entsprechende Choralbearbeitung BWV 648 in holzgedackten Pfeifen erklingt und für eine getragene, geradezu verhangene Stimmung im mitunter stockenden Tonfall sorgt. Dazu zieht er ein Register, das Mariens Stimme beredten Ausdruck verleiht. Dagegen ist die Choralausdeutung in Gestalt einer Fuga sopra il Magnificat BWV 733 von einer Stimmung der freudigen Erwartung bestimmt. Sie steigert sich durch nach und nach hinzutretende Register im Ausdruck und an Lautstärke.

Für die weitere „hingebende und freudige Erwartung“ der Adventszeit, so die Grundordnung des Kirchenjahres, sorgen Björn O. Wiedes eigene Kompositionen. In der Partita „Wie schön leuchtet der Morgenstern“ sind es strahlende, celestaähnliche Klänge, die – in Ruhe vorgetragen – das Leuchten und Strahlen einzufangen trachten. Glockenklangähnliches Anschwellen und Schwingen steigert sich ins Rauschhafte, das vom Geklingel eines Zimbelsterns gekrönt wird. Für lastende und abwartende Empfindungen sorgt seine Tokkata über „Macht hoch die Tür, die Tor‘ macht weit“. Zunächst breit und etwas dunkel eingefärbt, erklingt das Begehr, das dann textentsprechend lichter und offener sich darstellt. Ganz und gar passend dazu sind dazwischen Bachs Toccata und Fuge F-Dur BWV 540 eingefügt, die im vollen Orgelwerk erklingen. Freudig bewegt, geradewegs eilend geht es zu, wobei ein großes Pedalsolo seine majestätische Wirkung nicht verfehlt. Krönender Abschluss dieser Orgelstunde: Franz Liszt klanggewaltige Bach-Hommage in Gestalt von „Präludium und Fuge über das Motiv B-A-C-H“. Ein Werk voll des romantischen Überschwanges, der eleganten Virtuosität, des effektvollen Pedalwühlens. Björn O. Wiede gestaltet das Stück als eine orgelsinfonische Dichtung, der das Instrument jedoch deutliche Grenzen des Klangmöglichen aufzeigt. Peter Buske

Peter Buske

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