Kultur: Mit gedankentiefen Einstimmungen Adventsauftakt in der Nikolaikirche
„Vorfreude, schönste Freude, Freude im Advent“, singt ein bekanntes, weltlich geprägtes Kinderlied. Die Zeit der Hoffnung und Erwartung auf Weihnachten als Fest der Geburt Jesu bestimmte auch das durchweg religiös geprägte Orgelkonzert in der St.
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„Vorfreude, schönste Freude, Freude im Advent“, singt ein bekanntes, weltlich geprägtes Kinderlied. Die Zeit der Hoffnung und Erwartung auf Weihnachten als Fest der Geburt Jesu bestimmte auch das durchweg religiös geprägte Orgelkonzert in der St. Nikolaikirche, das Kantor Björn O. Wiede an der Kreienbrinkschen Altarorgel am 1. Adventsonntag gab. Durchweg zum Thema passende Werke von Johann Sebastian Bach bestimmt die einstündige innere Einkehr. Zum stimmungsbefördernden Auftakt wählt er die G-Dur-Fantasie BWV 572, deren weite melodische Bögen Pathos und Großartigkeit ausstrahlen. Echowirkungen nehmen den Hörer genauso gefangen wie fröhliche Diskantläufe (im 2. Manual) und arpeggiohafte Figurationen. Sie werden klangprächtig gesteigert, ehe sich mit der Liedmelodie „Macht hoch die Tür“ festlicher Glanz im vollen Orgelwerk verbreitet. Schnell ist man in adventliche Stimmung gebracht.
Ehe aus den „Leipziger Chorälen“ drei Bearbeitungen des „Nun komm der Heiden Heiland“ BWV 659-661 erklingen, improvisiert der Organist über den Choral „Nun komm der Heiden Heiland“. Er formt Klangquader unterschiedlichsten Volumens, schichtet sie zu majestätischen Gebilden. Anschließend liest er den Choraltext vor, sodass sich dessen unterschiedliche musikalischen Ausdeutungen besser nachvollziehen lassen. Reich verziert präsentiert sich die erste Variante, bei der sich auf dunkel getönter Klangfläche die Melodie erheben kann. Ihr wählt Wiede ein stark tremulierendes, schneidendes Zungenregister. Unruhevoll und geheimnisumwittert führt sich die zweite Bearbeitung vor, während die dritte hoffnungsfroh und lobpreisend, aber auch etwas analytisch daherkommt.
Die auszugsweise Lesung des Verkündigungsberichtes von Mariä Empfängnis aus dem Lukas-Evangelium leitet jenen Abschnitt ein, der sich mit diesbezüglichen Stimmungen, Gedanken und Gefühlen beschäftigt. Temporasch und figurativ umspielt zeigt sich „Es ist gewisslich an der Zeit“ BWV 734, getragen das Bekenntnis „Meine Seele erhebt den Herrn“ BWV 648, wobei hier die Verwendung des durchdringenden Sesquialtera-Soloregisters aufhorchen lässt. Zusammen mit der Trompetenstimme verleiht diese Mixtur dem „Wachet auf, ruft uns die Stimme“ den nötigen Nachdruck. Viel Schnarrendes und Dissonantes hält danach Wiedes gedankentiefe und assoziationsreiche Improvisation über „Es kommt ein Schiff, geladen bis an sein’ höchsten Bord“ bereit. Grummelnde Pedaltöne und eine gewisse Klangstatik versuchen den textlichen Inhalt besonders prägnant auszudrücken.
Zum strahlenden Ausblick auf die gedankliche Weihnachtsvorbereitung wählt Björn O. Wiede den elfminütigen Doppelpack aus Praeludium und Fuge C-Dur BWV 547. In einheitlicher Registrierung und gleich bleibender Intensität gespielt (was der musikalischen Entwicklung aus nur einem Gedanken entspricht), scheint es eine Bekräftigung der Vorfreude auf Kommendes. Peter Buske
Auch am 6. und 13. Dezember heißt es in der Nikolaikirche „Mit Bach in den Advent“, während am Vorabend des 4. Advent die Kantaten I-III aus Johann Sebastian Bachs Weihnachtsoratorium erklingen (jeweils 17 Uhr)
Peter Buske
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