Von Undine Zimmer: Mit Gitarre und Schuhsohle
AnDanzas begeisterten im Nikolaisaal
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Haben Sie sich schon einmal vorgestellt, Sie könnten in ein Lied hineinspringen, kurz oder lang auf jeden einzelnen Ton einer Melodie treten und so von Note zu Note hüpfen? Wie sich das anfühlt, weiß die Stepptänzerin Sabine Hasicka. Sie hat die Schuhe mit den Eisenplatten an den Sohlen zum Musikinstrument weiterentwickelt. Jetzt gibt es also auch Stücke, die für Gitarre und Schuhsohle geschrieben sind. Und das sind keine neuartigen experimentellen Melodien. Sabine Hasicka steppte am vergangenen Freitagabend im Foyer des Nikolaisaals einen Tango von Astor Piazolla, Milongas und Jazzstücke von österreichischen und argentinischen Komponisten. Begleitet wurde die Wienerin von der ungarischen Jazzgitarristin Zsófia Boros. Beide machten das Publikum mit einer ganz neuen Seite des Stepptanzes bekannt.
Ohne das Publikum weiter zu beachten, stimmt Zsófia Boros zu Beginn des Konzerts ihre Gitarre und spielt gleich los. Der kleine schwarze Ohrring wippt auf der hellen Haut, sie lächelt versunken dem Hals ihrer Gitarre zu, nickt zu den hohen Tönen und schüttelt den Kopf bei den tiefen. Erst nach dem Ende des ersten Stücks wirft sie ein befreites offenes Lächeln ins Publikum und die burschikose Sabine Hasicka kommt hinzu auf die Bühne. Im ersten Moment wirken die beiden unauffällig gekleideten jungen Frauen wie zwei Schulmädchen, entpuppen sich jedoch schnell als Virtuosinnen auf ihren Instrumenten.
Sabine Hasicka tanzt die Melodien neben Zsófia Boros und unterstützt das Klacken mit Händeklatschen, „Body Percussion“ – Tönen, die beim Klopfen und am eigenen Körper entstehen – und sogar mit lautlosen Gesten. Keine ist nur Begleiterin der anderen, sie musizieren immer zusammen. Und es funktioniert wunderbar. Sabine Hasicka hat nichts von dieser polierten Gemachtheit, die den Stepptanz viel zu oft als Showeinlage darstellt. Ihre Gesten und Bewegungen kommen aus einer inneren Gelassenheit, sie tanzt, trippelt, stampft, klackt, tickt, schleift ihre Füße. So schnell, dass man wirklich nicht mehr sehen kann, wie sie alle diese kurzen Geräusche hervorbringt. Sie scheint sich frei auf den Tönen zu bewegen, spielt dabei kleine Szenen nach und albert ab und zu mit der etwas ernsteren Zsófia Boros. Tap dance wird auf einmal lebendige Kommunikation. Wie viele Töne kann so ein Schuh eigentlich hervorbringen? Jede der Bewegungen, die Sabine Hasicka immer mit dem ganzen Körper macht, scheint sie zu benutzen, um einen ganz bestimmten Klang zu erzeugen.
Die Tänzerin Sabine Hasicka ist offensichtlich an kein Genre gebunden, sie hüpft Salsa oder stampft eine Mudanza, ein Tanz, der die argentinischen Wildpferde nachahmt und eigentlich nur für Männer gedacht ist. Dass sie auch vor Pop oder Bach nicht Halt macht, kann man auf ihrer Website lesen. „Wir sind etwas argentinofil“, erklären die Frauen ihre Vorliebe für Tangos und südamerikanische Komponisten. Ihre eigenen Kompositionen – sie präsentieren zwei Stücke – stechen hervor mit Wechseln zwischen laut und leise, schnell und langsam, die Sabine Hasicka mit ihren klackenden Sohlen ebenso beherrscht wie Zsófia Boros auf ihrer Gitarre. Beide Musikerinnen leben und arbeiten in Wien mit verschiedenen Projekten und Stilen. Sabine Hasicka hat Stepptanz in New York, Argentinien und Wien gelernt. 2008 gründete sie mit Zsófia Boros das Duo anDanzas.
Gerade weil sie gar nicht versuchen, sich glamourös zu geben, verströmen sie mit ihrem Charme eine weibliche Coolness. Und so gerne man Hasicka tanzen sieht, irgendwie scheint die Idee einer Stepp-CD mit Gitarre und Sohlen überhaupt nicht mehr abwegig. Das Metall auf dem Holzboden klingt anders als Percussions, anders als ein Schlagzeug oder Kastagnetten und erinnert an alle zugleich. Selbst wenn man die Augen schließt, kann man Sabine Hasicka im wahrsten Sinne des Wortes noch tanzen „hören“. Nach dem Konzert wird sogar jemand den Takt ihrer Schritte summen. Die beiden bleiben nicht nur im Ohr, man kann sie auch ruhig im Auge behalten.
, ine Zimmer
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