Kultur: Mit pulsierender Intensität Ein Schlosskonzert
in der Friedenskirche
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Frühling ist gekommen und lässt sein blaues Band wieder flattern durch die Lüfte, wie Eduard Mörike das alljährliche Naturwunder poetisch deutet. Und auch Antonio Vivaldi hat sich mit dem „Frühling“ tonmalerisch beschäftigt, ihn an den Anfang seines „Jahreszeiten“-Zyklus gesetzt. Was der Kammerakademie Potsdam lenzeswonniglicher Anlass ist, ihr Schlosskonzert im Neuen Palais, das wegen Ausstellungsvorbereitungen in der Friedenskirche stattfinden muss, mit ebendieser Hommage an den Frühling zu beginnen.
Dicht an dicht auf hartem Gestühl sitzend, sind die Sinne aufnahmebereit für das Stimmungsbild frühlingshafter Wonnen, das die Musiker unter Leitung des Barockspezialisten Konrad Junghänel mit feinem Pinselstrich in hellen Klangfarben malen. Einprägsam erklingt das Ritornellthema, während die Solovioline (Ariadne Daskalakis) die Details – vom Vogelgezwitscher bis zu dreinfahrenden Blitzen – liebevoll ausformt. Den Tuttistreichern sind laut außermusikalischer Sonettzutat die „murmelnden Quellen und leise wehenden Zephyrwinde“ anvertraut. Im Largo singt die Violine dem schlafenden Hirten ein inniges Schlummerlied, um dann bei einer pastoralen Genreszene kräftig zu jubilieren. Daskalakis’ auf einer kostbaren Guadagnini-Geige erzeugter Ton ist gestochen sauber und klar, vibratoarm, aber nie spröde. Bei aller Akribie historisch orientierter Musizierweise bleibt ihr und der Musiker Spiel immer lebendig und locker, unaufhörlich pulsierend. Kaleidoskopartig blättern sie das Geschehen an einem von lähmender Hitze erfüllten „Sommer“-Tag auf, der mit jähen Stimmungswechseln zwischen lastender Sonnenglut, unruhevollen Ahnungen und urgewaltigem Unwetter nicht spart. Da ist man doch froh, unter schützendem Kirchendach zu sitzen, während draußen doch tatsächlich der Regen rauscht – perfekt abgestimmt.
Zwischen beide Stücke im leichtfüßigen italienischen Gusto ist Johann Sebastian Bachs d-Moll-Konzert für zwei Violinen und Streicher BWV 1043 eingefügt. Der Klangfarbenwechsel in andere, nunmehr gedecktere Gefilde gelingt allen Beteiligten vorzüglich. Des virtuosen, lebhaften und energischen Wettstreitens scheint kein Ende, das von Ariadne Daskalakis und ihrer Schülerin Marija Krasnjuk bestimmt wird und von den mitreißenden Intentionen des Dirigenten erheblich profitiert. Leicht, locker und elegant, relativ zügig auch im Largo geht es zu, um schließlich in affektgeladenem Furor zu landen. Als Barockzugabe gibt es das traumverklärte Largo aus Vivaldis „Herbst“-Bericht.
Wie stark Mozart von Bachs Fugenkunst beeindruckt ist, zeigt sich in Adagio und Fuge c-Moll KV 546, einem düsteren, mit breitem Bogenstrich gespielten klangherben Opus, dem etwas Lehrbuchhaftes anhaftet. Mozarts Metier ist’s nicht. Dafür umso mehr das Sinfonische, wie es sich im g-Moll-Werk KV 183 so herrlich offenbart. Voller Leidenschaft, mit staunenswerter Intensität des Stürmens und Drängens wird sie vibratolos und detailreich musiziert. Abrupte Dynamikwechsel sorgen für enorme Spannung. Hinreißend, und beifallsumjubelt. Peter Buske
Peter Buske
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