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Kultur: Mit Swing in den Mai

Louise Gold und Hans Quarz im Nikolaisaal

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Sängerin mit Hang zur heimischen Musikproduktion trifft auf arrangierenden Posaunisten, der die Lehren des Kontrapunkts auch bei luftigem Lounge-Jazz zur Anwendung bringt. Und der für popmusikalische Anregungen so aufgeschlossen ist, wie es sich eine späte Swing-Begeisterte nur wünschen kann. Klingt wie im Märchen? Durchaus, denn selbst im vermeintlich pulsierenden Netzwerk der Berliner Musikszene sind geglückte Symbiosen eigenständiger Pop-Vokalistinnen mit versierten Profi-Jazzern rar gesät. Um für „Debut“, das gerade erschienene Resultat dieser Begegnung von Louise Gold und Hans Quarz, angemessene Assoziationen zu entwickeln, sollte man schon über den Kanal – und dann noch drei Jahrzehnte zurückschauen. Die Zeit also, als in London geläuterte Postpunksängerinnen ihr Heil in beschwichtigendem Bossa Nova suchten oder eine Mari Wilson sich der Dusty-Springfield-Ästhetik inklusive Turmfrisur verschrieb. Wobei es bei Louise Gold & The Quarz Orchestra mehr Hans Quarz ist, der hier – geschminkt, barfuß und in Leopardenhose – für Glamour sorgt, während die Coolness der Vokalistin an Tracey Thorn erinnert. Es freut Louise Gold, wenn sie auf solch mutmaßliche Schwestern im Geiste angesprochen wird. Zugleich räumt sie ein, die Musik von Everything But The Girl erst in deren Triphop-Phase Ende der 90er kennengelernt zu haben. Damals hatte die in Potsdam aufgewachsene und mit zwanzig nach Berlin gezogene Autodidaktin selbst ein Elektronica-Duo namens Recorder, das immerhin auf der „Midem“ in Cannes aufspielte, bald aber am Vertragspoker ihres Managers scheiterte. Doch bereits als Teenager hörte sie sich intensiv durch die Intershop-Trophäen ihrer Eltern, darunter „Glen Campbell und viel Stones“ und hatte mit der heutigen Speed-Polka-Band „44 Leningrad“ erste Auftritte. Danach hielt die Sängerin mit Gitarre, Orgel und 8-Spur-Rekorder viele Songskizzen fest, aus denen sie heute noch schöpft. Denn selbst wenn die 2008 begonnene Zusammenarbeit mit Hans Quarz dazu führte, dass die lang im Verborgenen Wirkende plötzlich Sängerin eines viel gebuchten Swing-Quartetts wurde, war es das Einbringen dieser selbst komponierten Stücke, das der nun sechsköpfigen Formation das Fundament verlieh. Zwar hat sie bei Tanzveranstaltungen wie heute im Nikolaisaal-Foyer immer reichlich Standards in petto. Doch bei Eigenkreationen wie dem Musical-tauglichen „Footloose Fancy-Free“ oder der überschwänglichen Rock’n’Roll-Nummer „Take This Longing“ werden die swingenden Paare ebenfalls kaum zum Verschnaufen kommen. Markus von Schwerin

Heute um 20.30 Uhr im Foyer des Nikolaisaals, Wilhelm-Staab-Straße 10/11. Eintritt 15 Euro, inbegriffen ein Swing- und Lindy-Hop-Tanzkurs um 19.30 Uhr

Markus von Schwerin

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