Kultur: Mit Verve
Bachs Gambensonaten in der Orangerie
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Der schöne, holzgetäfelte Konzertsaal von Friedrich Wilhelm II. von Preußen in der Orangerie im Neuen Garten und der Name Johann Sebastian Bach luden zum Konzert am vergangenen Samstag, einem der letzten warmen Spätsommertage des Jahres. Matias de Oliveira Pinto, Violoncello, und Frank Wasser, Klavier, trugen Sonaten und Solowerke des deutschen Barockmeisters vor. Die Interpretation der Sonaten für Gambe und Cembalo auf modernen Instrumenten ist zwar nicht unüblich, stellt aber einen Kompromiss dar.
Von den drei Werken erklangen nur die ersten beiden, nicht aber die reizvolle, konzertante letzte Sonate der Serie. Bach versah die dreistimmig im kontrapunktischen Stil komponierten Werke teilweise mit genauen Vortragsvorschriften, die aber gern, wie bei diesem Konzert, nicht allzu genau genommen werden. Mit einer langsamen Einleitung im Siciliano-Rhythmus beginnt die erste Sonate in G-Dur, deren ungewöhnliches Andante mit dissonanten Akkordzerlegungen und einem über vier Takte lang ausgehaltenen Ton eine wunderbare Herausforderung für jeden Interpreten darstellt. Einige Glanzlichter enthält auch die Sonate D-Dur, vor allem im virtuosen letzten Satz.
Indessen kommt im Cello überwiegend die Altlage zum Tragen, was die Klangpotenziale des Instruments nicht im Mindesten ausschöpft. Dafür ist der Yamaha-Flügel, auf dem Frank Wasser spielt, ganz geöffnet, sodass seine Stimmen hervortreten und das Cello gelegentlich übertönen. Der Ton des brasilianischen Cellisten klingt leicht metallisch, näselnd und steif im suchenden Gewimmel der Tastentöne. Erst beim Vortrag der Suite für Violoncello solo C-Dur kommt die Klangfülle seines Instruments mehr zur Geltung.
Bachs berühmte Cellosuiten stellen ja einen bemerkenswert frühen Ausflug in die Cellowelten dar, die zu seiner Zeit noch kaum erschlossen waren. Doch leider vermag es der Cellist nicht, den einzelnen Sätzen ein originelles Profil zu geben. Nicht einmal die herrliche, tiefernste Sarabande, ein beliebtes Encorestück, erzielt jene bewegende Ausdruckskraft, die man sonst kennenlernen durfte. Dagegen brausen, grummeln und schnauben die Töne im letzten Satz, einer Gigue, mit dramatisch aufgesetzter Verve. Auch Frank Wasser, Gründer und Spiritus rector der Havelländischen Musikfestspiele, tritt als Solist auf. Während das Präludium C-Dur, ein beliebtes Anfängerstück aus Johann Sebastian Bachs Wohltemperiertem Klavier, ordentlich dahin perlt, mangelt es der recht langsam gespielten vierstimmigen Fuge an Präzision und Klarheit. Erst recht in der c-Moll-Fuge muss das Pedal einstehen für das, was an Artikulation und Geläufigkeit fehlt. Den Zuhörern im gut gefüllten Palmensaal gefällt es, wie der kräftige Beifall zeigt. Als Zugabe wird das monoton-minimalistische, harmonisch interessante Andante aus der G-Dur-Gambensonate wiederholt. Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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