zum Hauptinhalt

Kultur: Mit viel Freiheit

Am Freitag beginnen die Musikfestspiele Sanssouci und widmen sich „Skandinavien“

Stand:

Es braucht eine gewisse Art von Humor, um mit dieser Form der Planung umgehen zu können. Jelle Dierickx hat diesen Humor, in dem sich viel Gelassenheit widerspiegelt. Denn immer wieder gern erzählt Jelle Dierickx, künstlerischer Koordinator bei den Musikfestspielen Sanssouci, die Episode mit den Konzertprogrammen. Weil der Deutsche die Ordnung schätzt und gern jedes Detail im Voraus plant, war an die skandinavischen Musiker, die ab Freitag für über zwei Wochen die Musikfestspiele gestalten, schon sehr früh die Bitte gerichtet worden, doch das geplante Programm mitzuteilen. Doch von manchen Musikern kam keine Reaktion. Nachfragen erzeugten nur Verwunderung. Programm? Was für ein Programm? So beschreibt Dierickx die übliche Reaktion der Musiker. Und fügt dann lachend hinzu, dass manche von ihnen erst am Tag zuvor oder erst kurz vor dem Auftritt entscheiden, was sie spielen. Wozu braucht es ein Programm, es geht doch schließlich nur um die Musik.

Unter dem schlichten Motto „Skandinavien“ stehen die Musikfestspiele Sanssouci in diesem Jahr, die von Freitag an bis zum 23. Juni mehr als 60 Aufführungen in den Schlössern, Kirchen, Villen und Parks von Potsdam bieten. Präsentiert werden dabei schwedische, dänische und norwegische Komponisten vor allem der Barockzeit, daneben gibt es aber auch traditionelle und neue Folkmusik wie auf den Open-Air-Veranstaltungen „Folk in the garden“ und die „Trollenacht“ im Nordischen Garten von Sanssouci. Und wie Jelle Dierickx betont, ist in diesen zwei Wochen ein sehr nordisches Musikverständnis zu erleben, das sich wenig um Konventionen schert und viel lieber die Freiheit genießt.

Als Beispiel nennt Jelle Dierickx den Komponisten und Pianisten Kristian Blak von den Färöer-Inseln. Am 15. Juni ist Blak mit der Violinistin Angelika Nielsen und dem Kontrabassisten Michael Blak mit einem „Klippenkonzert“ in der Grotte an der Maulbeerallee zu erleben. Yggdrasil hat Blak sein Ensemble benannt, nach dem Weltenbaum aus der nordischen Mythologie, dessen Wurzeln tief in die Unterwelt reichen. Mit Yggdrasil hat Blak auf den Färöer-Inseln schon Klippenkonzerte in Felshöhlen gegeben. Dierickx war einmal dabei und wenn er davon erzählt, schwärmt er von diesem Erlebnis, in dem sich Blaks eigenwillig-improvisatorische Kompositionen wunderbar mit den Geräuschen der Natur verbanden.

Dagegen bewegen sich Lisa Rydberg und Gunnar Idenstam scheinbar in einem ganz konventionellen Rahmen, wenn sie sich bei ihrem Auftritt am 13. Juni in der Ovidgalerie der Neuen Kammern dem Großmeister Johann Sebastian Bach widmen. Aber wenn das Konzert unter dem Titel „Bach auf schwedisch“ angekündigt wird, ist garantiert mit Überraschungen zu rechnen. „Lisa Rydberg und Gunnar Idenstam gehören zu einer Generation von Musikern, die keinen dogmatischen Umgang mit der klassischen Musik pflegen“, sagt Jelle Dierickx. Einen Unterschied zwischen E- und U-Musik, also ernsthafter und unterhaltsamer, wird hier gar nicht gezogen. Beides wird miteinander vermischt, das aber auf höchstem Niveau. Und auch die Trondheim Solisten schätzen eine unkonventionelle Herangehensweise. Zusammen mit der Schauspielerin Jennipher Antoni, die Passagen aus Leonie d’Aunets Reisebuch „Voyage d’une femme à Spitzbergen“ lesen wird, eröffnen sie am Freitag in der Friedenskirche Sanssouci die Musikfestspiele, die im kommenden Jahr ihr 60-jähriges Jubiläum feiern und Werke von Edward Grieg und Carl Nielsen, Bent Sörensen, Johan Halvorsen und Johann Daniel Berlin. Im Anschluss spielen die Trondheim Solisten weiter im Atrium der Friedenskirche. Keine klassischen Werke, sondern volkstümliche Melodien.

Allein drei Opern sind in diesem Jahr zu erleben. Neben „Peters Hochzeit“ von Johann Abraham Peter Schulz, der zuerst Hofkapellmeister beim Prinzen Heinrich in Rheinsberg war, 1787 nach Kopenhagen ging und heute vor allem als Komponist des Schlafliedes „Der Mond ist aufgegangen“ bekannt ist, auch „Proserpin“ vom Mozart-Zeitgenossen Joseph Martin Kraus. Und dann steht noch „Korall Koral“ auf dem Programm, die wohl erste und bisher einzige Oper für Kinder bis drei Jahren. Knapp 20 Minuten dauert „Korall, Koral“, in denen eine Unterwasserwelt inszeniert wird und die Kleinen es mit vielen Muscheln und Unterwasserklängen zu tun bekommen. „Eine Märchenwelt für Babys“, so Jelle Dierickx. Bei allem aber, auch hier bei den Kleinsten, geht es nur um die Musik. Dafür gibt es kaum einen besseren Garanten als die Musikfestspiele.

Die PNN verlosen 3x2 Freikarten für das Eröffnungskonzert am Freitag, dem 7. Juni, heute ab 10 Uhr unter Tel.: (0331) 23 76 116. Weitere Informationen unter www.musikfestspiele-potsdam.de

Dirk Becker

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })