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Kultur: Mit „Wind“

BachNacht mit Björn O. Wiede und den Potsdamer Turmbläsern in St. Nikolai

Stand:

„Und es geschah plötzlich ein Brausen, vom Himmel wie eines gewaltigen Windes und erfüllte das ganze Haus, da sie saßen“. Die BachNacht in der Nikolaikirche sollte den Worten aus der Apostelgeschichte entsprechen, dem unbegreiflichen Pfingstwunder. Wie nun dieser „Wind“ von neuer Taufe und Neuer Geburt kündet, so meinte die gleichbetitelte Veranstaltung auch das Instrumentarium des Konzerts. Nikolaikantor Björn O. Wiede (Orgel, Flügel, musikalische Leitung) hatte unter der erleuchteten Kuppel ein Programm für Blechbläser und Orgel zusammengestellt, beide brauchen ihn, um zu klingen. Grundlage für den Abend war also Bach, entweder original, als Kompositionsgrundlage für andere Tonsetzer wie Johannes Weyrauch und Peter Flores, oder als Bearbeitung für die Abendbesetzung mit den Potsdamer Turmbläsern Jan Birkner und Bernhard Bosecker (Trompeten), Gisbert Näther (Horn), Dieter Bethke (Posaune) und Tilmann Henning, Tuba. Zu bewundern ist, wie die Gemeinde trotz der komplizierten Akustik immer wieder „Flagge“ zeigen will, zu kritisieren, dass man es auch diesmal – selbst mit zart geblasenem Blech – wieder nicht ganz in den Griff bekam.

„Komm, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist“ für zwei Trompeten und Orgel gab die Eröffnung, ein sehr gravid wirkendes, langsames Stück mit durchdringendem Fanfaren-Motiv. Gleichfalls von Meister Bach „Wachet auf, ruft uns die Stimme“, zuerst als klar gestalteter Orgelsatz, dann in einer Bearbeitung von Mendelssohn („Paulus“). Hierbei machte der Raum freilich nicht mit. Das wurde mit einer Kantatenfassung von „Nun danket alle Gott“ für zwei Bläser wettgemacht. Zu einem großen Erlebnis geriet Johannes Weyrauchs Orgelpartita „Nun bitten wir den heiligen Geist“ in vier Sätzen, die merkwürdigerweise mit einem Largo im Trompetenregister begann. Im Lento Flöten mit leisen, hellen Tönen, das Maestoso zuletzt mit Synchronstimmen und einem kraftvollen Schlussakkord. Johann Pachelbels „Kanon“ davor, danach „Wir eilen mit schwachen, doch emsigen Schritten“ aus der Kantate 78 – eine musikalische Überraschung, wie man sie bei Wiede öfter findet: Man hörte eine Bearbeitung für Bläserquintett im schwunghaften, jazzigen Stil, zudem im Crescendo. „Veni creator spiritus“ des Brüsseler Domorganisten Flor Peeters, zunächst als Kanon, dann mit Instrumentenwechsel und Begleitung am Flügel, beschloss den ersten Teil auf ähnliche Art.

Am Bechstein-Flügel des Hauses improvisierte Wiede dann über das Thema B-A-C-H, was ein wenig aus dem Rahmen fiel, dafür war Bachs „Piece d`Orgue“ BWV 572 ein Meisterwerk für Geist und Ohr: Als stiege da etwas vom Himmel herab, führt es vom spielerisch leichten Beginn immer dramatischer in die Tiefen der Bassregister, sehr effektvoll die Generalpause vor der Coda. Noch einmal wurde mit Johannes Weyrauch der heilige Geist angerufen, indem er Bläser und Orgel lange alternieren ließ, um sie endlich zusammenzuführen. „Symphonia und Galliarde“ von Samuel Scheidt, Bachs Air (auch eine Art Wind) aus fünf sanften Kehlen. Bläser und Flügel verabschiedeten die Gäste – sinnigerweise mit Bachs „Ich habe genug“. Gerold Paul

Gerold Paul

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