Kultur: Mit Wollmütze
Liedtexter Jasper März begeisterte im Waschhaus
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Ein dickbäuchiger Vater mit Basecap betritt zusammen mit seinem kleinen Sohn den rot beleuchteten Konzertsaal. Er stellt sein Bier ab und sieht sich um. Ringsherum stehen und sitzen bereits Studenten, andere Eltern mit ihren Kindern, dazwischen auch Hausfrauen, die sich einen netten Abend machen wollen und in der Pause Kochrezepte austauschen. Dieses doch sehr gemischte Publikum füllt den Raum mit Lachen und Getuschel. „Und wie bist Du auf den gekommen?“, fragt eine Studentin ihre Begleitung. Ein Kumpel habe ihm einen Link geschickt, antwortet ihr Gegenüber.
Um 21 Uhr, ungewöhnlich pünktlich für einen Musiker, betritt Jasper März am Freitagabend die kleine Bühne des Potsdamer Waschhauses. Er beginnt ohne Vorrede und zieht das Publikum vom ersten Moment an in seinen musikalischen Bann. Ausgerüstet mit einer Gitarre und seiner unverwechselbaren, geringelten Wollmütze überzeugt er durch lässige Gitarrengriffs und gut sitzende Töne.
Humorvolle Liedtexte über die Putzfrau Dörte D., die „auf Staubsaugerfahrt wie ein Düsenjet beim Turbostart klingt“ oder über „Fred das Gewittertierchen“, lassen das Publikum in schallendes Gelächter ausbrechen. Frauen wippen von Bein zu Bein und beobachten den jungen 24-jährigen Liedtexter mit einem Schmunzeln auf dem Gesicht. Der durch die Internetplattform YouTube bekannt gewordene Niedersachse weiht das Publikum in die Entstehungsgeschichten seiner Songs ein und berichtet von persönlichen Erlebnissen auf dem Schulhof, als er Metaphern verkaufte.
Schnell wird deutlich, dass Jaspers humorvolle, selbstironische Art keineswegs aufgesetzt ist. Als eine junge Frau, die direkt vor der Bühne steht laut jubelt, ruft er spontan „Danke Mama!“ in die Menge. Da zeigen sich die Zuhörer sogar bereit, über mehr oder weniger ernst gemeinte Sprüche wie „Potsdam hat das beste Publikum!“ hinwegzusehen.
Dass Jasper März auch ernst und sentimental werden kann, beweist er nach der Pause bei seinem Lied „Hätte ich“ aus seinem 2010 erschienenen Album „Ohrenpost“. Nachdem er einen großen Schluck Mineralwasser getrunken hat, berichtet er in dem Song vom Tod und den Schwierigkeiten des Abschiednehmens. Das Publikum lässt sich mitreißen und beobachtet schweigend den mit geschlossenen Augen und zittriger Stimme singenden Jasper. Nach zwei Stunden Konzert trägt der stämmige Vater seinen schlafenden Nachkömmling nach Hause. Ihm ist anzusehen, dass er von dem Konzert angenehm überrascht wurde. Friederike Haiser
Friederike Haiser
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