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Kultur: Mitreißend und emotional

„Soulounge“ grooven im Nikolaisaal

Stand:

„Soulounge“ grooven im Nikolaisaal Kerzenschein auf den Rundtischen. Weingläser dominieren, vereinzelt Bierflaschen. Blauer Dunst steigt aus den Halbkreisen der gespannt Wartenden. Gedimmtes Licht hat das Foyer des Nikolaisaals in eine schummrige Atmosphäre getaucht. Premiere zur neuen, monatlichen Reihe im Nikolaisaal: „The Voice in Concert“. Den Anfang macht „Soulounge“ mit Record-Release-Konzert ihrer neuen CD „Home“. Längst ist die Band aus den Schuhen eines Kurzzeit-Projektes herausgewachsen. Zuviel Menschen sind inzwischen infiziert vom energetischen Fieber, das die Combo besonders live verströmt. Vor drei Jahren gründeten Bela Brauckmann und Sven Bünger „Soulounge“ zur Überbrückung der Babypause bei ihrer Hauptband „Cultured Pearls“. Doch auch nach der Überbrückung blieb die „Soulounge“ am Leben. Ins Live-Set aus alten und neuen Soulstücken bringen wechselnde Gastvokalisten, angetrieben durch die groovende Rhythmusfraktion, immer wieder neue Akzente. Also bequem gemacht im Ledersitz und eingetaucht in die Klangwelt der „Soulounge“. Das Zum-Sitzen-Verdammt-Sein stellt sich dabei für Viele schnell als großer Nachteil heraus. Schon beim Eröffnungsstück zuckt der Körper in freudiger Tanzerwartung. „Get up, get up, don''t stop moving“, fordert das Gesangsquartett von der Bühne und einige kommen der Bitte in den Gängen des Foyers nach. Die Stimmung ist ausgelassen, wird hier doch handwerklich astreiner Soul mit Überraschungsmomenten geboten. Im Schmelztiegel landen immer wieder R''n''B, Rock und Pop. Zu Brauckmanns grundsolider „Basisarbeit“ an den Drums, gesellt sich der stetig walkende Bass Martin Drees'' und die fluffig-funkigen Gitarrensounds von Bünger zu einem perfekt gewobenen Klangteppich, auf dem sich die stimmgewaltigen Gäste ausgiebig ausbreiten können. Mit Prince, Jamiroquai, Stevie Wonder und Bill Withers stehen bei „Soulounge“ auch Größen musikalisch Pate, die besser gewählt nicht hätten sein können. „How come you don''t call me anymore“, wie kommt es, dass du mich nicht mehr anrufst, klagt das Hamburger Stimmwunder Roger Cicero vorwurfsvoll-beleidigt in die Runde. Nicht verwunderlich wäre es gewesen, wenn einige der anwesenden Damen in diesem Moment ihr Telefon gezückt hätten, so eindringlich und überzeugend ist die Performance Ciceros. Stimmlich klettert er bei dem Song mühelos in Höhen, in denen selbst Prince schwindlig wird. Prince hat den Song geschrieben, Alicia Keys hat ihn sich schon vorgeknöpft. Alles Vergleiche, die der exzentrische Cicero nicht zu scheuen braucht. Ein Erlebnis, bei dem Frau dahinschmelzt und Mann staunt. Unvergleichlich auch Tastenvirtuose Kai Fischer. Immer wieder reißt es den quirrligen Keyboarder vom Hocker. In Glöckner-Haltung bearbeitet er dann orgiastisch sein „Fender Rhodes“ oder feuert Synthie-Solos ab, die den irdischen Sphären nicht ferner sein könnten. Die Handballen treffen hart auf die Tasten, zügellos reißt er auch mal die E-Orgel vom Ständer und fährt mit dem Ellbogen über die Klaviatur. Da macht das Zuschauen und -hören Spaß und Fischer sieht man die Freude an der „Arbeit“ auch an. Poppiger Soul-Jazz als Erlebnis für die Sinne und nicht als Fahrstuhlmusik. Mit smoothen Soul-Stimmen überzeugen auch Florine Demonye und Esther Cowens. Und natürlich der Amerikaner Gabriel Gordon, der die Zuschauer, nur mit Gitarre bewaffnet, in seinen Bann zieht: „Remember me“, befiehlt er herzblutend. Diese Raum erfüllende Stimme wird so schnell keiner vergessen. Bei der Zugabe intoniert Florine Dimonye den Bob Marley - Klassiker „Waiting in vain“, mitreißend, emotional und sinnlich. Schön war der Abend in der „Soulounge“. Findet auch das kräftig applaudierende Publikum. Christoph Henkel

Christoph Henkel

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