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Kultur: „Musik, die ganz lieblich Kunst“

Großer Jubiläumsauftritt: Landesjugendchor Brandenburg wurde 15 Jahre

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Am sommerwarmen Sonntag gab es für den Landesjugendchor Brandenburg im Alten Rathaus allen Grund zum Feiern. Nach der erfolgreichen Lettland-Tournee konnte sich das alerte Vokalensemble voll und ganz auf das Jubiläumskonzert anlässlich seines 15-jährigen Bestehens konzentrieren.

„Musik, die ganz lieblich Kunst“ sollte dem gut gefüllten Theatersaal etwas von der heiteren Freude vermitteln, welche die sechzehn Damen und zwölf Herren beim Singen offenbar nährt. Das Programm war mit dem Tourneeplan weitgehend identisch, vier bis fünf gemeinsame Proben pro Jahr (der Rest ist als „Hausarbeit“ zu erledigen) lassen keinen großen Spielraum zu. Um so erstaunlicher, mit wie viel Frische und Selbstbewusstsein man diesen Auftritt ganz in eigener Sache gestaltete.

Lieder und Madrigale von Thomas Weelkes, Thomas Morley und John Farmer aus dem 16. Jahrhundert eröffneten den Nachmittag. Diese A-cappella-Stücke gehören zwar zur Renaissance, wollen aber ihre britische Tönung nicht verleugnen. „Inselmusik“ klingt ja immer etwas anders. Schön, dass es auch gleich in die Vollen ging, es gab keine „Warmlaufphase“.

Der Chor machte von Anfang an einen sehr guten, zudem sehr freundlichen Eindruck. Von ansteckender Heiterkeit etwa Farmers „Fair Phillis I saw“. Wie ein Credo schlossen sich Rezitationen von Eva Strittmatter an. Es reiche nicht aus, „mit der Seele zu singen“, so dichtete sie, alle Körperzellen sollten es auch – „Singen gegen Schwerkraft und Tod", na ja. Wie der engagierte Chorleiter Hans-Peter Schurz, so ist auch die Dichterin eng mit Neuruppin verbunden.

Flämische und tschechische Meister des 16. Jahrhunderts folgten. Dann gab es eine große Eloge auf den 1996 verstorbenen Gunther Erdmann, ein geschickter Komponist und Arrangeur aus dem Brandenburger Land. Seinen letzten Liederzyklus „Shalom“ widmete er dem Freunde Hans-Peter Schurz, welcher nun Bearbeitungen wie „Auf dem Boden schläft das Dach“ oder „Unter Kindchens Wiegele“ mit seinem Chor einstudierte. Es sind schöne, sehr weiche Lieder, gut zu hören, schön zu fühlen, teils sogar mit Flötenbegleitung geschrieben. Ein quietschvergnügtes Kleinkind störte den 90-minütigen Auftritt allerdings empfindlich, sein Vater unternahm reinweg nichts, die Anwesenden mit seiner Abwesenheit zu beehren. Singe, wem Gesang gegeben!

Als mit „Mamoj moj“ Sorbisches, dann „Kein schöner Land“ und eine Erdmann-Vertonung nach Worten der Strittmatter („Mark“) verklungen waren, traute man seinen Ohren nicht. Vogelgezwitscher aus 32 Mündern, frisch wie vom unberührten Regenwald, rahmten das ironisch-kesse Liebeslied „Sommermädchenküssetauschelächelbeichte“ in origineller Weise ein. Messa di voce-Stellen, Sprechgesang, Vocalises, die Coda beginnt so, wie eine gebremste Schallplatte anläuft – extrastarker Applaus.

Achtzehn Jubiläums-Titel im ganzen. Dank an alle Seiten war zu hören, mit Stefanie Schäfer verabschiedete man das letzte Gründungsmitglied des Chores, sehr schöne Worte erreichten das Parkett: Lieder verbinden Menschen und Herzen dank Musica, der lieblichen Kunst. Gratulation.

Gerold Paul

Gerold Paul

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