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Kultur: Musik mit Win-Win- Effekten

„Ich studiere immer die Gesichter“, sagt Christina Khosrowi, eine junge Mezzosopranistin. Sie kennt nicht nur das normale Publikum in Oper und Konzerthaus, sondern auch ganz andere Zuhörer.

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„Ich studiere immer die Gesichter“, sagt Christina Khosrowi, eine junge Mezzosopranistin. Sie kennt nicht nur das normale Publikum in Oper und Konzerthaus, sondern auch ganz andere Zuhörer. Als Stipendiatin des Yehudi-Menuhin-Vereins Live Music Now hat sie in Altersheimen, Schulen und Krankenhäusern gesungen. Christina Khosrowi gehört auch zu den Teilnehmern einer neuartigen Kooperation zwischen der Kammerakademie Potsdam und dem europaweit tätigen Verein.

Im Rahmen der beliebten Konzertreihe „Proben mit Profis“ treten erstmals Stipendiaten von Live Music Now im Nikolaisaal auf. Am 6. April vereinigt sich die Kammerakademie Potsdam erneut mit zahlreichen Amateuren beim Klang von Anton Dvoraks Slawischen Tänzen. Zuvor erscheinen drei vielversprechende junge Musiker auf der Bühne, die vom Berliner Verein Music Live Now gefördert werden. Christina Khosrowi singt drei Arien aus Camille Saint-Saens Oper „Samson und Dalila“, die Violinistin Annedore Oberborbeck spielt Maurice Ravels atemberaubende Konzert-Rhapsodie „Tzigane“ und Xiao Xiao das Klavierkonzert KV 413 von Wolfgang Amadeus Mozart.

Die 1977 von Yehudi Menuhin ins Leben gerufene Organisation verbindet musikpädagogische Ziele mit wohltätigen Zwecken. Dass Musik wichtige therapeutische Wirkung für Körper und Geist hat, gehörte zu den Grundüberzeugungen des weltberühmten Geigers, der vor zehn Jahren im Alter von 82 Jahren in Berlin gestorben ist. Für Yehudi Menuhin war klar, dass Musik eine Atmosphäre von Hoffnung, Vertrauen und Freude schaffen und sogar als Mittel gegen Kriminalität und Gewalt wirken kann. Europaweit veranstaltet Live Music Now Konzerte in Krankenhäusern, Altersheimen, Behinderteneinrichtungen, Psychiatrien, Schulen in sozialen Brennpunkten sowie regelmäßig in Haftsanstalten.

Der vor zwölf Jahren in Berlin gegründete Verein ist auch in Potsdam aktiv, wo er unter anderem Konzerte im Oberlinhaus sowie demnächst im Klinikum Ernst von Bergmann organisiert hat, wie die Vorsitzende Asta von Oppen im Gespräch im Pressgespräch sagte. Allein im Monat April finden in Berlin und Potsdam 25 Konzerte statt. Von Jazzsuiten über Musicalgesang bis zu Kammermusik erklingen unterschiedliche Stilrichtungen. Live Music Now verfolgt einen Win-Win-Effekt. Kranken, bedürftigen oder isolierten Menschen soll Freude geschenkt werden. Junge Musiker sollen sich und ihre Musik erproben.

Bei der letzten Audition wählte die Jury, der auch Peter Rainer, Konzertmeister der Kammerakademie angehörte, unter 116 Bewerbern. Aufgenommen wurden 61 Aspiranten der Berliner Musikhochschulen. Die Stipendiaten erhalten neben individueller Betreuung und kleinen Gagen viele Möglichkeiten zum Konzertieren, oft vor ungewöhnlichem Publikum. Gerade darin kann ein besonderer Reiz liegen: „Man lernt viel von den Menschen“, berichtet Christina Khosrowi. „Nicht nur, wie man Programme zusammenstellt oder welche Kleidung man auswählt, sondern vor allem aus ihren Reaktionen.“

Begeistert erzählt die temperamentvolle Sängerin, die gerade ihr Konzertexamen an der Berliner Eisler-Musikhochschule abgelegt hat und zur Zeit die Rolle der Flora in Verdis „La Traviata“ am Staatstheater Braunschweig singt, von ihren Erfahrungen mit Music Live Now.

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