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Kultur: Musikalische Maskenspiele Sinfoniekonzert mit dem Brandenburgischen Staatsorchester im Nikolaisaal

Zwar konnten die Gegensätze beim Programm des Brandenburgischen Staatsorchesters mit Werken von Schumann und Schostakowitsch kaum größer sein, doch ein Begriff passt als Leitmotiv sehr gut: „Maskenspiele“. Die im Nikolaisaal gespielten Werke streiften einen Kosmos sinfonischer Musik.

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Zwar konnten die Gegensätze beim Programm des Brandenburgischen Staatsorchesters mit Werken von Schumann und Schostakowitsch kaum größer sein, doch ein Begriff passt als Leitmotiv sehr gut: „Maskenspiele“. Die im Nikolaisaal gespielten Werke streiften einen Kosmos sinfonischer Musik. Besonders gut kamen die Jazz-Suiten von Dmitri Schostakowitsch beim Publikum an, das zahlreiche Zugaben erklatschte.

Früher einmal konnte die Kluft zwischen Menschen und Götterwelt, zwischen Wirklichkeit und Ideal mit Hilfe von spielerischer Nachahmung, Verstellung und Verkleidung überbrückt werden. Und letztlich kommt nichts dem Leben selbst so nahe wie die unendliche Vielfalt von möglichen Verwandlungen im künstlerischen Spiel. Es verwundert nicht, dass für Robert Schumann das Spiel mit musikalischen Verkleidungen zu einer zentralen poetischen Kategorie wurde. Auch Schostakowitsch hat das Maskenspiel oftmals kultiviert. Bei ihm ging es darum, seine Intentionen so zu verkleiden, dass sie von den sowjetischen Machthabern akzeptiert wurden.

In seiner Sturm- und Drangzeit, als er sich noch auf eine Pianistenlaufbahn vorbereitete, komponierte Schumann die 21 virtuosen Klavierminiaturen „Carnaval“. Sie spielen Versteck mit persönlichen und musikalischen Anspielungen aller Art, führen direkt ins Herz der Schumann“schen Ästhetik. Maurice Ravel bearbeitete vier dieser Werke für großes Orchester. Bis heute werden sie selten aufgeführt, zu Recht, denn die Übertragung der intimen Klavierrede in das sinfonische Genre überzeugt nur bedingt. Ravel zeigt sich auch hier als Meister der farbenprächtigen Instrumentierung, doch selten lassen sich daraus glücklich ausbalancierte Klangbilder gewinnen. Auch Schumanns Konzertstück für vier Hörner hat seinen Ruf als Rarität im Konzertsaal nicht ganz zu Unrecht. Es stellt nicht nur höchste technische Ansprüche an das Hornquartett, sondern enthält außerdem eine Reihe recht konventioneller melodischer und harmonischer Motive, auch wenn sein konzertanter Aufbau ungewöhnlich ist. Das Hornquartett mit Ulrike und Renate Hupka sowie Eckhard Schulze und Falk Höna, bewältigte seine Aufgabe bravourös. Die Aufführung wirkte aber unter der Leitung des Dirigenten Howard Griffiths wie eine Pflichtübung. Die Kür kam danach mit den Jazz-Suiten Schostakowitschs. Diese Musik ist alles Mögliche, Tanz-, Promenaden- und Unterhaltungsmusik – nur mit Jazz hat sie wenig zu tun. Am ehesten die Suite Nr. 1, ein originelles Bravourstück in kleiner Besetzung, das individuelle Leistung von den Musikern verlangt. Allzu deutlich werden in der Suite Nr. 2 die Konzessionen an das 1938 neu gegründete Jazz-Orchester und an die Jazzfeindlichkeit der Obrigkeit. Sie zitiert Wiener Operetten- und Walzerseligkeit, italienische Tanzvergnügen, auch mal einen Foxtrott, gibt schräge, leicht verzerrte Klänge aus dem Fundus europäischer Musik zum Besten – aber keinen Jazz. Darüber hilft auch nicht die Instrumentierung hinweg mit Saxofonen, Hawaiigitarre, gedämpften Blechbläsern, Xylophon. Dennoch, die Stücke erfreuen mit schwungvollen Melodien und schmissigen Rhythmen. Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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