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Kultur: Musikvermittlung

Kammerakademie Potsdam musizierte mit Laienmusikern

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Kammerakademie Potsdam musizierte mit Laienmusikern Jugendlicher Eifer und gereifte Meisterschaft, solistische Virtuosität und musikalische Breitenwirkung: Die Kammerakademie Potsdam setzt mit ihren Proben-mit-Profis- Programmen Maßstäbe für moderne Musikvermittlung. Zwar war der Balanceakt zwischen höchstunterschiedlichen musikalischen Gestalten diesmal besonders riskant, aber der Cellist und Dirigent Michael Sanderling integrierte die bunte Mischung der ausgewählten Stücke mit Temperament und Offenheit zu einem eindrucksvollen Nachmittagskonzert. Für Jung und Alt, Laien, Liebhaber und Kenner war etwas dabei, ohne ins Beliebig-Seichte abzusinken. Welten liegen zwischen Joseph Haydns letzter Sinfonie D-Dur 104, Max Bruchs Cello-Solo-Stück „Kol nidrei“, den drei kleinen Cello-Stücken von Victor Herbert und der Dornröschen-Suite von Peter Tschaikowski. Zwar gehören alle Stücke zum Kanon der klassisch-romantischen Musik, umfassen jedoch höchst verschiedene Bereiche des musikalischen Ausdrucks. Seine letzte Sinfonie Nr. 104 D-Dur zeigt Joseph Haydn auf der Höhe seiner Kunst, mit grimmigem Ernst und sarkastischem Humor treibt er darin viel Schabernack mit dem Publikum. Michael Sanderling kostete die bizarren Einfälle des alten Meisters lustvoll aus: Bläserfanfaren und Paukenwirbel, ungewöhnliche harmonische Durchgänge, unvermittelte Pausen und Bläser-Einsätze verwandelte er in ein extravantes Pasticcio der Klänge. Die Kammerakademie Potsdam folgte den stürmischen Herausforderungen des jungen Maestros mit viel Hingabe, präzisen Einsätzen und fantastischen Klangfarben. Auf dem Cello erweist sich Michael Sanderling als Ausnahme-Spieler von hohen Graden. Er kultiviert einen weichen, höchst expressiven Ton und gestaltet gleichermaßen lyrisch wie dramatisch - ein Erzähler und Poet am Cello, wie es nur wenige gibt. Für Max Bruchs Adagio nach hebräischen Melodien „Kol nidrei“ holt Michael Sanderling weit aus, vom zartesten Pianissimo in den höchsten Lagen bis zu markanten dunklen Registern und lässt de profundis eine ganze Welt entstehen - empfindsam und emphatisch, aufwühlend und friedvoll zugleich. Drei kleine, harmlose, wunderbar anschauliche Cello-Stücke des irischen Amerikaners Victor Herbert leiteten zur fröhlich-unterhaltsamen Seite der Musik über, die an diesem Nachmittag nicht zu kurz kommen sollte. Nach der Pause folgte der Höhepunkt für die Mehrheit der Besucher: Plötzlich befanden sich dreimal so viele Musiker wie zuvor auf der Bühne. Über siebzig Laienmusiker waren der Einladung der Kammerakademie Potsdam zum gemeinsamen Musizieren gefolgt, was den Dirigenten zu dem Kommentar veranlasste, dass dies keineswegs als Hinweis zu verstehen sei, dass der Nikolaisaal künftig auf ein Hausorchester verzichten könne. Trotz der nicht geringen technischen Schwierigkeiten der Dornröschen-Suite von Peter Tschaikowski, hatten die zwei Proben eine prima Aufführung hervorgebracht. Viele Details stachen brillant hervor, wie etwa die grotesken Annäherungsversuche des schwarzen Katers an die weiße Katze ( Bravo !), aus dem Panorama war ein mitreißender Vergnügungszug geworden, und der Schluss-Walzer versetzte Zuhörer und Musiker ins ausgelassenste Musikfreude. Damit war das Ziel erreicht und es bleibt zu hoffen, dass die rührigen Bemühungen der Kammerakademie Potsdam, junge und alte Musikliebhaber in ihrem Haus zu versammeln, weiterhin so viel Erfolg haben mögen.Babette Kaiserkern

Babette Kaiserkern

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