zum Hauptinhalt

Kultur: Nachdenken bis Weiterdenken

Der Dirigent Ud Joffe zum Programm der Vocalise 2006 vom 5. bis 19. November

Stand:

Zum sechsten Mal veranstaltet „Musik an der Erlöserkirche“ das siebentägige Festival „Vocalise“, das von Ud Joffe künstlerisch verantwortet. Wir kamen mit dem Dirigenten ins Gespräch.

Ihr fast zehnjähriges musikalisches Wirken an der Erlöserkirche hat neben den wunderbaren künstlerischen Eindrücken auch konzeptionell sehr durchdachte Programme gebracht. Auch die Vocalise 2006, die vom 5. bis 19. November stattfindet, zeugt von ihrem Nachdenken, nicht nur irgendeine Reihe von Konzerten zu absolvieren, sie wollen mehr.

In erster Linie will ich Konzerte mit wunderbarer Musik anbieten, die die Zuhörer bewegt und erfreut. Dazu gehören auch Orte, in denen man gern geht, in die Erlöser- und in die Friedenskirche. Aber Sie haben recht, mein Bestreben ist es auch, mit den Werken der Komponisten zum Nachdenken, Überdenken und Weiterdenken anzuregen.

Das Programm von Vocalise 2006 liegt vor und ist voraussichtlich als Flyer in der kommenden Woche erhältlich. Auch der Kartenverkauf beginnt am 8. Oktober. Sie stellen die diesjährigen Veranstaltungen unter dem Motto „Könige, Kaiser und Propheten“

.Die Gestaltung eines Programms, ja einer Konzertwoche, wie die Vocalise, ist wie eine Geburt. Wenn der Flyer erschienen ist, dann sind es nur noch wenige Wochen bis zum ersten Konzert eingeladen wird. Dann gibt es kein Rückzug mehr, größte Konzentration ist bei allen Mitwirkenden gefragt, aber auch die Freude am gemeinsamen Musizieren. In der Vocalise 2006 konzentrieren wir uns auf Persönlichkeiten, die durch ihre Lebensgeschichte unsere Kultur geprägt haben.

Wenn man im Programm blättert, findet man Menschen aus der Bibel, der Antike sowie der europäischen Geschichte des 16. und des 19. Jahrhunderts.

Es sind Persönlichkeiten der Geschichte, die alle auch eine bewegende persönliche Geschichte haben: Saul, Jephta, Elias aus dem Alten Testament, Eurydice und Ariadne aus der Antike sowie die historischen Gestalten Titus, Maria Stuart und Napoleon.

Keine Seifenopern werden uns erzählt. Die Komponisten Händel, Carissimi, Mozart, Haydn, Schumann, Mendelssohn oder Schönberg haben in den Leben ihrer „Helden“ Geschichten und Konflikte gefunden, die für sie relevant waren und erstaunlicherweise auch für uns heute noch nichts an Aktualität verloren haben.

Man sucht bedeutende Menschen, die große Taten vollbracht haben, um sich mit ihnen irgendwie zu identifizieren oder ihnen nahe zu sein. Aber schließlich muss man feststellen, dass sie auch nur Menschen waren und sind. Und manche zahlen einen hohen Preis für ihre Topstellen, die sie innehaben. Sie scheitern. Beispielsweise Napoleon, der regelrecht trunken vor Macht, der in sich selbst verliebt war und sich als Gott sah. Oder der karrieresüchtige Jephta, der seine eigenen Kinder für seine Vorhaben opferte. Oder Saul, der krank wurde vor Neid und Misstrauen, und nicht zuletzt der Prophet Elias, dessen Übereifer Fanatismus hervorrief oder als berechtigter Selbstverteidiger der eigenen geistlichen Kultur galt.

Die Konzerte gestalten, wie in den Vorjahren, überwiegend Potsdamer Klangkörper

.Zunächst möchte ich betonen, dass die Vocalise keine Reihe mit Weiterbildungsveranstaltungen ist, sondern sich bereits als ein kleines Musikfestival mitten im November etabliert hat. Dafür stehen auch in diesem Jahr wieder die Potsdamer Kantorei an der Erlöserkirche, der Neue Kammerchor sowie das Neue Kammerorchester Potsdam zur Verfügung, auch der Vocalkreis unter der Leitung von Matthias Jacob ist dabei, außerdem das Staatsorchester Frankfurt(Oder). Ich bin auch froh, dass uns wieder hervorragende Gesangssolisten unterstützen.

Neu in diesem Jahr ist die Aufführung der Mozart–Oper „Titus“ im Schlosstheater im Neuen Palais am 11. und 12. November.

Die Figur des römischen Kaiser Titus ist hoch interessant, so dass sie gut in das diesjährige Thema passt. Außerdem wirkt in dieser Aufführung der Neue Kammerchor mit, der des öfteren in Operninszenierungen des Hans Otto Theaters integriert ist. „Titus“ ist also eine Kooperation mit dem Theater sowie der Kammerakademie Potsdam. Sie wird auch im Rahmen der Potsdamer WInteroper aufgeführt.

Das Gespräch führte Klaus Büstrin

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })