Kultur: Nachtschwärmerei mit einem melancholischen Feingeist Bruno Ganz und das Ensemble l’arte del mondo
In jeder Schauspielrolle überrascht Bruno Ganz die Zuschauer aufs Neue. Sei es als menschenfreundlicher Engel Damiel, als Hitler oder als Horst Herold in „Der Baader-Meinhof-Komplex“.
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In jeder Schauspielrolle überrascht Bruno Ganz die Zuschauer aufs Neue. Sei es als menschenfreundlicher Engel Damiel, als Hitler oder als Horst Herold in „Der Baader-Meinhof-Komplex“. Neben überirdischen, dämonischen und historischen Gestalten spielt Bruno Ganz auch gerne bürgerliche Charaktere, vom Jura-Professor im „Vorleser“ bis zum Kellner in der herrlichen Komödie „Brot und Tulpen“. Überhaupt gehören die Darstellungen von leicht verschrobenen Einzelgängern, melancholischen Feingeistern und bedächtigen Träumern zu seinen Glanzrollen.
Im kommenden Jahr erscheint der gebürtige Schweizer an der Seite von Senta Berger in der bitter-süßen Liebesgeschichte „Satte Farben vor schwarz“ auf der Leinwand. Bruno Ganz als den derzeit wandelbarsten Schauspieler deutscher Sprache zu bezeichnen, dürfte nicht übertrieben sein. Der Sohn eines Schweizer Fabrikarbeiters und einer Italienerin machte schon während der Schulzeit erste Erfahrungen mit dem Theater und brach die Schule kurz vor dem Abitur ab. Auch seine Schauspielausbildung am Zürcher Bühnenstudio beendete er 1962 ohne Abschluss, um ein erstes Engagement in Göttingen anzutreten. Nach Stationen in Bremen, München und Zürich gelangte Bruno Ganz 1970 an die Berliner Schaubühne, wo er in den legendären Inszenierungen von Peter Stein, Peter Zadek, Luc Bondy und Klaus Michael Grüber auftrat.
Von all den Preisen, die Bruno Ganz in Laufe seines 68-jährigen Lebens erhielt, freute ihn die Verleihung des Iffland-Ringes am meisten. Diese Auszeichnung wird seit den Zeiten von Johann Wolfgang von Goethe dem „jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters“ auf Lebenszeit verliehen. Der berühmte Burgschauspieler Josef Meinrad hatte Bruno Ganz als neuen Träger des Ringes bestimmt. Wenn der gefeierte Charakterdarsteller mal keinen Film dreht und nicht auf der Bühne steht, findet er immer noch Zeit für Lesungen mit seinen Lieblingsschriftstellern.
Im Nikolaisaal rezitiert der Wahlberliner mit der unverkennbaren, weich-sonoren Stimme Texte über die Nacht und von den Nachtseiten des Lebens. Notturni - Nachtgedanken heißt das erlesene Programm mit Gedichten und Prosa von Wiener und Prager Literaten des Fin de siècle. Hohe Wortkunst, tiefsinnige Gedanken, stille Betrachtungen, versunkene Träumereien – eine faszinierende, schon fast vergessene Welt erschließt sich in den Texten von Hugo von Hofmannsthal, Georg Trakl, Franz Kafka und anderen. Da das Nächtliche nicht nur für die Poesie, sondern auch für die Musik stets von besonderem Reiz war, bereichern die Sopranistinnen Katja Stuber und Hannah Morrison sowie das Orchester l’arte del mondo die Lesung mit musikalischen Nachtstücken von Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Josef Myslivecek. Babette Kaiserkern
5. Dezember, 20 Uhr, Großer Saal: Stars international
Babette Kaiserkern
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