zum Hauptinhalt

Kultur: Nagelprobe für Potsdam?

Der 5. „Salon“ im Schlosstheater / Ein Shakespeare-Fest in Sicht

Stand:

Der 5. „Salon“ im Schlosstheater / Ein Shakespeare-Fest in Sicht Am 15. April ist Ultimo. Wenn durch Spenden und „Zahlungsversprechen“ bis dahin 45 Tausend Euro gesammelt sind, wird vom 10. bis zum 14. August das erste Shakespeare-Fest Open air am Marmorpalais starten. Wenn nicht, dann war es trotzdem eine gute Idee, eine Na-gelprobe gar, wie ernst die Potsdamer ihre vielzitierten „Identität“ nehmen. Geschickt eingefädelt, und so ganz anders gedacht als in der amtlich bestellten Bewerbungs-GmbH eines Moritz van Dülmen, mit welcher sich das Rathaus in jedem Fall ein bequemes Alibi verschafft: Gelingt der Wurf zur europäischen Kulturhauptstadt 2010, so hat man den Ruhm, wenn nicht, ist van Dül-men allemale als „Potsdamer Prügelknabe“ gut. Beim 5. „Salon“ im Schloßtheater trafen am Mittwoch beide Seiten zusammen. Ohne Neues zu sagen, gab der eloquente Chef fürs Offizielle einen Zwischenbericht zum großen Plan, bevor er sich den Fragen des etwa 50-köpfigen Publikums stellte. Genau hier kam wieder die mangelhafte Unterstützung der Bevölkerung zur Sprache, die Achillesferse für 2010, welcher van Dülmen seinen bekannten Berufsoptimismus auf Zeit entgegenstellte. Doch wirkt er inzwischen viel lockerer. Der pfiffigere Teil der sehr ausgedehnten Salon-Begegnung war die Idee eines Shakespeare-Festes, ganz von der „Basis“ getragen und also für alle gedacht. Erfinder dieses mehr als kühnen Wurfes ist Vanessa Schormann vom „Shakespeare Globe Zentrums Deutschland“ und Andreas Hueck, Chef des „Poetenpack“, die Veranstalter in spe. Extra aus München angereist, trug die „Shakespeare-Expertin“ gute Gründe vor, warum Potsdam noch ein international orientiertes „Event“ bekommen solle, neben Neuss das einzige in Deutschland. Ludwig Tieck nämlich war es, der anfangs in Dresden, dann hier vor Ort, die Shakespeare-Bühne so reformierte, dass dessen Stücke nach vielen Jahrzehnten der Stille wieder spielbar wurden. Den Anfang machte 1843 die deutsche Erstaufführung des „Sommernachtstraums“ im Schlosstheater zur Musik von Mendelssohn-Bartholdy. Europa nahm den Impuls aus Preußens Hauptstadt rasch auf, es kam zu einer kontinentalen Shakespeare-Renaissance, die auch Nordamerika erreichte. Heute gibt es allein in Übersee mehr als 60 Orte, wo man zu solchen Festivals geradezu wallfährt, auch die Jugend. Der Dramatiker sei überall begehrt und beliebt, und weil er „fürs Volk“ geschrieben habe, werde er auch überall verstanden, meinte die Münchnerin spürbaren Eifers. Ob das stimmt, bleibe aus Erfahrung offen. Geplant ist ein Vier-Tage-Auftakt mit umfangreichem Rahmenprogramm, das es in Neuss nicht gibt. Da bis hin zum Rhein ohnehin nichts Vergleichbares ist, erhofft man sich Marktvorteile. Das Problem ist die Finanzierung. Knapp 80000 Euro werden für den Erstling gebraucht, ein kleiner Etat, wenn man die vorgesehene Beteiligung ausländischer Gruppen berücksichtigt. Doch auch hier denkt man originell: Einerseits appellieren Schormann und Hueck an den Lokalpatriotismus (2500 Euro wurden Mittwoch gespendet) aller Shakespearianer, andererseits hat man sich als Finanzierungsmodell eben dieses „Zahlungsversprechen“ ausgedacht: Interessierte Firmen können den Veranstaltern bis zum 15. April eine Summe ab 500 Euro zusagen, geringere nimmt der „Salon“ entgegen. Werden zu Ultimo keine 45000 Euro erreicht, ist jedes Versprechen gegenstandslos. Sehr praktisch, nur etwas eng im Termin, es soll ja noch in diesem Jahr sein. Wie immer auch, hier hat man es mit einer Initiative aus Potsdam und für Potsdam zu tun. Man sollte sie nicht abtun, nur weil es „genügend andere Festivals“ gibt. Wurden „eigene Ideen“ nicht immer lautstark gefordert? Das Duo „on Avon“ aus Bonn umrahmte die mehr als dreistündige Veranstaltung mit eigenen Arrangements zu Liedtexten des britannischen Titanen.Gerold Paul

Gerold Paul

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })