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Kultur: Neue Reihe, neues Glück

Aziza Mustafa Zadeh im Nikolaisaal

Stand:

Am Tresen, wo die Eintrittskarten verkauft werden, erwartungsvolle Gesichter. Wer den Raum betritt, wird von zehn Augenpaaren kritisch betrachtet. Holt er bestellte Karten ab oder gehört er zu ihnen und hofft, doch noch eine nicht rechtzeitig abgeholte Eintrittskarte zu ergattern? Kurz vor dem Konzert steht fest: Nirgends sind mehr Karten aufzutreiben.

Mit dem Konzert von Aziza Mustafa Zadeh hat der Nikolaisaal am Freitag eine neue Reihe eröffnet. Unter dem Titel „Black & White – Meisterpianisten zwischen Klassik, Jazz und Improvisation" werden in loser Folge einige Herausragende der Tastenzunft in Potsdam spielen, die Eigenwilligkeit über Konvention stellen. Im Februar wird Gabriela Montero, im März Fazil Say erwartet. Ein Rat sollte schon jetzt beherzigt werden: Rechtzeitig Karten sichern. Denn es spricht vieles dafür, dass auch diese beiden Konzerte, wie das von Aziza Mustafa Zadeh, ausverkauft sein werden.

„Opera Jazz“ nennt Aziza Mustafa Zadeh ihr Programm und machte allein schon mit diesem Titel klar, dass sie gekommen war, um Hörgewohnheiten auf den Kopf zu stellen. Mit welcher Leichtigkeit, Selbstverständlichkeit und augenzwinkernden Unverfrorenheit die in Aserbaidschan Geborene dies tat, war ein Erlebnis. Mit „Singing Nature“ begann sie. Ein flirrendes, äußerst harmonisches Klanggemälde, durch das sie immer wieder rasante Läufe springen ließ. Es folgten „Night Life“ und „Stars Dance“, zwei Charakterstücke, die sie, die Titel ihrer beiden letzten Alben – „Contrasts“ und „Contrasts II“ – aufgreifend, gegenüberstellte. Das erste schnell und treibend, das zweite ruhig, in sich gekehrt. Aziza Mustafa Zadeh suchte dabei immer die Nähe zur Harmonie. Selbst wenn sie sich dem Improvisieren hingab, sorgte sie dafür, dass man sich in ihren Liedern wohlfühlte, sich entspannt zurücklehnen konnte, ohne dabei von atonalen Exzessen malträtiert zu werden. Doch von Gemütlichkeit konnte keine Rede sein.

Da spielte sie „Mozarts Jazz Ballade“, ihre ganz persönliche Verneigung vor dem berühmten Salzburger. Und gerade als man sich an ihrem Spiel, dem Aufgreifen bekannter Themen und deren Vermischen berauschen wollte, griff sie die Arie „Der Hölle Rache kocht in meinem Herzen“ aus der Zauberflöte auf. Dabei schmetterte sie die so bekannten und so anspruchsvollen Koloraturen mit einer Selbstverständlichkeit, dass man nicht wusste, ob es einem nun gefallen soll oder nicht. „Shamans“, nur gesungen und sich auf einer kleinen Trommel begleitend, ließ Aziza Mustafa Zadeh zur regelrechten Vokalakrobatik werden.

In nur anderthalb Stunden zog Aziza Mustafa Zadeh an diesem Abend alle Register, ohne sich anzubiedern. Jazz, Oper, Klassisches und die Volksmusik aus ihrer Heimat Aserbeidschan – sie machte passend, was bisher nicht zusammenzupassen schien. Das Publikum dankte ihr mit minutenlangem, stehendem Applaus. Einziges Manko an diesem Abend: Warum wurde das Klavier über Mikrofone abgenommen und dann durch Lautsprecher in den Saal gejagt? Dadurch entstand eine Distanz, so als würde man nicht ein Konzert, sondern nur die Aufnahme davon hören. Die Akustik im Nikolaisaal bedarf solcher Verstärkungsmaßnahmen nicht.

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