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Kultur: Nicht von trauriger Gestalt

Nach Don Quixote spielt Matthias Hörnke jetzt den Parzival im Jungen Theater des HOT

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Es ist gar nicht so lange her, da ritt Matthias Hörnke als Don Quixote über die Reithallenbühne des Hans Otto Theaters. Hatte er sich damals selbst zum Ritter ernennen müssen, um in Begleitung seines Schildknappen Sancho Panza gegen die vermeintlichen Riesen zu kämpfen, die sich als Windmühlen entpuppten, so spielt er jetzt einen jungen Mann, der in seine ritterliche Rolle erst hineinwachsen muss. Und dies nicht aus Einbildung, sondern aus Berufung. Ab morgen ist Matthias Hörnke in der Titelrolle des neuen Kinder- und Jugendstücks „Unterm hohen Himmel: Parzival“ in der Reithalle A zu sehen.

Parzival ist im Gegensatz zu Don Quixote kein Ritter von trauriger Gestalt, sondern ein Königssohn, der den heiligen Gral suchen und hüten muss. Von alldem aber weiß der Junge am Anfang der Geschichte noch nichts. Abgeschottet lebt er in einem Tal bei seiner Mutter, die ihn von allem Bösen der Welt fernhalten will, damit ihm nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie seinem Vater, der im Kampf getötet wurde. Doch als eines Tages drei leibhaftige Ritter in der Einöde auftauchen, ist seine Neugier geweckt.

Matthias Hörnke kommt nun die nicht ganz einfache Aufgabe zu, die Wandlung Parzivals vom weltfremden Naivling zum verantwortungsvollen Gralshüter zu zeigen. Mit jugendlichem Drang wird er sich von der Mutter losreißen, aus dem Tal der Ahnungslosen fortziehen, sich in ritterlicher Lebensweise und Kampfführung unterweisen lassen und dennoch Fehler machen und die ein oder andere Pleite erleben. Er wird sich verlieben, wird weggehen und wiederkommen und schließlich lernen, Verantwortung zu übernehmen.

Für Matthias Hörnke ist diese Art des Erwachsenwerdens das Spannende und Gegenwärtige an der Geschichte Parzivals, die die Autorin Katrin Lange, angelehnt an das höfische Epos von Wolfram von Eschenbach, für Kinder und Jugendliche neu geschrieben hat. Hörnke gefallen die lebendigen, direkten Dialoge, „die ohne Pathos und mit einer schönen Portion Humor daherkommen“. Außerdem bringt Katrin Lange heutige Wertvorstellungen in das Stück hinein: Parzival kommt, teils aus Zufall, teils mit Absicht, völlig ohne Gewalt an sein Ziel. Das heißt jedoch nicht, dass das Publikum auf echte Schwerter, Rüstungen und das ganze ritterliche Drumherum verzichten muss.

Regisseur Carsten Kochan versetzt die Geschichte keineswegs in die Gegenwart. „Die Kinder brauchen das nicht“, weiß Hörnke. „Vielmehr brauchen sie den Mythos. Sie sind durchaus in der Lage, das Elementare selbst herauszufiltern“, vertraut er in die Denk- und Empfindungsfähigkeit seiner jungen Zuschauer. Er liebt deren unverfälschte Reaktion, ihre emotionale Intelligenz, die er im erwachsenen Publikum manchmal verschüttet sieht.

Der 37-Jährige weiß, dass man Kindern nichts vormachen darf, wenn man in die Rolle eines anderen schlüpft. „Die merken das sofort und reagieren gnadenlos.“ Kraft seiner Phantasie versucht er deshalb, sich selbst in einer anderen Welt zu sehen. „Als Don Quixote glaubte ich mich tatsächlich manchmal irgendwo in der Mancha ...“

Sich das Fremde anzueignen, die Perspektive zu wechseln, ist für ihn das wirklich Aufregende und Interessante am Schauspielerberuf, den er an der Ernst-Busch-Schule in Berlin studierte. Nach einem Engagement in Schwerin und Auftritten an verschiedenen deutschen Theatern kam Hörnke 2001 nach Potsdam ans Hans Otto Theater, wo er als Baloo im „Dschungelbuch“ und als Vater und Prinz in „Rapunzel oder Wen die Liebe trifft“ zu sehen war. Seit Januar ist er festes Ensemblemitglied.

Manchmal wundert sich Matthias Hörnke, für welche Rollen er besetzt wird. Auch in „Parzival“ hatte er sich eher als der leidende König Anfortas gesehen, der die Erlösung durch den jungen Ritter erwartet. Nun aber muss er selbst zum Helden werden.

Junges Theater des HOT, Reithalle A, Premiere Do 28.2., 10 Uhr, ab 9 Jahren

Antje Horn-Conrad

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