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Record Release von Stadtruhe: Nichts für die Schublade

Die Potsdamer Band Stadtruhe hat ihre erste EP veröffentlicht, heute Abend gibt es die Record-Release-Party im Club Charlotte. Wir haben sie uns bereits angehört.

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Wenn man Popmusik macht, dann sollte man zwei Regeln beherzigen, wenn man sie auch zum Erfolg bringen will. Die erste Regel betrifft die Musik: Eingängig sollte die sein, ohne beliebig zu wirken. Einen guten Ohrwurm erkennt man daran, dass man ihn mit sich herumträgt und er immer wieder aus dem Inneren hervorkommt, auf einmal da ist – und schwer wieder abzuschütteln. Dafür braucht man ein Händchen, eine kompositorische Leichtigkeit, die den Hörer aber nicht überfordern sollte: Komplexität und Pop pflegen höchstens seltene Freundschaften. Die zweite Regel betrifft den Text. Sicherlich gibt es unzählige Beispiele für Hits, die völlig unabhängig vom Text funktionieren, weil die Musik diesen einfach überstrahlt. Dann ist das Potenzial, als sogenanntes „One Hit Wonder“ zu enden, aber auch ungemein größer. Deshalb lohnt sich die Mühe guter Texte, wenn man nicht am nächsten Tag wieder verschwunden sein will. Der Fan will unterhalten werden, sucht gleichzeitig aber auch Identifikation.

Die Potsdamer Band Stadtruhe kann sich da beruhigt zurücklehnen: Ihre erste EP „#KeinMorgenMehr“ ist der Beweis, dass gute Musik herauskommt, wenn man das Handwerk beherrscht. Fünf Songs sind auf der Scheibe, die ein Vorgeschmack auf ein bald folgendes Album sein und für die Band als Türöffner dienen soll. Jetzt ist die EP erhältlich, am kommenden Freitag gibt es die Record-Release-Party im Club Charlotte.

Von Weichspül-Romantik mit schlageresken Synthie-Anleihen will die Band nichts wissen, und das ist gut so. Schon der Opener „Strom der Zeit“ lebt von akzentuierten Gitarrenriffs, die Stadtruhe dankbarerweise in der Schublade „Rockmusik“ verorten. Die Stimme von Sängerin Laura Walter wäre für alles andere als diese Musik Verschwendung. „Alles dreht sich nur im Kreis“, singt sie – warum auch nicht, rund genug dafür ist der Song, die Pausen gut gesetzt, die zwei Gitarren gut aufeinander eingespielt. Dass Laura Walter Stimme hat, macht sich im zweiten Song „Treibsand“ bemerkbar, der ganz überraschend einen englischen Refrain hat. Was anfänglich verwirrend wirkt, fügt sich aber ganz gut ein.

Der Titelsong „#KeinMorgenMehr“der EP ist in die goldene Mitte platziert, als dritter Track von fünf. Von der Geschwindigkeit etwas langsamer als die vorhergehenden, dafür deutlich tragender als der Rest: „Die Welt liegt mir zu Füßen, ich mach die Nacht zum Tag“ – der Wunsch jeder Pop-Rock-Band ist als Refrain mit hohem Mitsingfaktor verpackt. Mit „Ruhe und Sturm“ hat die Band natürlich eine Pflicht erfüllt: Ohne Ballade lohnt sich die harte Arbeit im Studio gar nicht. Herausgekommen ist dabei ein ganz passables Stück, das vielleicht ein wenig zu redundant mit dem Einsatz von Hall umgeht, sich aber gut in das Gesamtkonzept einfügt. Wer allerdings zum Abschluss noch mal einen nach vorn preschenden Rocksong erwartet, wird überrascht: Die Musik hält sich in „Am Ende“ zugunsten der Stimme zunächst im Hintergrund, bevor sich der Song immer mehr verdichtet, um in einem „Bitte fang mich auf!“ zu enden.

Stadtruhe zeigen mit ihrer ersten EP hauptsächlich eins: dass sie rauf auf die Bühne wollen. Große Experimente wagt die Band noch nicht, hier wird auf Nummer sicher gegangen und lieber Solides geliefert. Das überzeugt durchaus, macht aber auch Lust auf mehr, und auch auf mehr Risiko. Das musikalische Potenzial für den Erfolg hat die Band nämlich auf alle Fälle: Da wird noch einiges zu hören sein, spätestens auf dem ersten Album.

Record-Release-Party von Stadtruhe am Freitag, 27. März, ab 20 Uhr im Club Charlotte, Charlottenstraße 31. Support gibt es von Meinherz und Lennox. Der Eintritt kostet 5 Euro 

Oliver Dietrich

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