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Kultur: Nix für Zimperliesen

Die rockenden Hohepriester von Monster Magnet auf Clubtour in Potsdam

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Die rockenden Hohepriester von Monster Magnet auf Clubtour in Potsdam An manchen Dingen wird man sich nie satt sehen. Für Romantiker könnte permanent die Sonne in der Karibik versinken, manch Kunstgenießer möchte vor einem Monet erblinden. Doch für den wahren Hardrockästheten gibt es nichts Schöneres, als Dave Wyndorf in seiner ganzen Pracht und Aktionsbereitschaft zu erleben. Das Ober-Monster Magnet Wyndorf und seine vier Rhythmusschergen gaben sich am Mittwoch im Lindenpark die Ehre. Obwohl trotz des hohen Besuchs der Saal nur etwas über die Hälfte gefüllt und der Sound mehr als nur dürftig war, wurde der Abend zum reinsten Genuss. „No Hits Kids“ hatten Monster Magnet ihre Clubtour durch Europa angekündigt. Zurück zu den knochentrockenen Wurzeln der Anfangsjahre. Der entschlackte Rockzirkus mit all seinen Attraktionen: Männerschweiß, Gitarrendonnerwetter und schmutzige Gedanken. Was Wyndorf und Mannen hier boten, das war Balsam für die oftmals leicht verkümmerte Hedonistenader in uns. Anfang der 90er meldeten sich vier Herren aus New Jersey mit dem kleinen aber feinen Album „Monster Magnet“ zum ersten Mal auf dem heißen Pflaster der Hardrockfraktion. Die Monstermagneten, allen voran Frontmann Wyndorf, sorgten in den Folgejahren mit satten Alben und den üblichen Skandälchen für den nötigen Gesprächsstoff, um sich einen Stammplatz im Pantheon der Riffgiganten zu sichern. Der ausgeprägte Hang zur bewusstseinserweiternden Zigarette und die Lust am Plündern der Klischeekiste des Rock’n’Rolls machten die Band zu etwas Besonderem. Gern erinnert man sich an die pyromanischen Eruptionen und die halbnackten Damen im Käfig, die tanzend die frühen Shows begleiteten. Doch in Potsdam verzichteten sie auf derartigen Gimmick. Nur die Musik und die Präsenz von Wyndorf, mehr war wirklich nicht nötig. Kantig und schwer wie ein unbehauener Granitblock wurde jedes Lied auf die freudige Schar in Bühnennähe geschleudert, als ob es darum ging, sie ein für alle Male einzustampfen. Doch je doller, umso quicklebendiger wurde die Meute. Derweil Wyndorf über die Bühne derwischte und sich als wahrer Meister des eindeutigen Hüftschwungs gab. Für ihn ist jedes Lied der pure Sex und dementsprechend interpretierte er sie auch. Ab und an ging sein dämonischer Blick ins Publikum um die weibliche Anhängerschar zu warnen: Vorsicht Mädels, der will nicht nur spielen, der beißt auch. Es folgte Knüppel auf Knüppel, vom heiligen „Dopes To Infinity“ bis zum neuesten Monster „Monolithic Baby“. Und wenn Wyndorf mit „Third Alternative“ ein Liebeslied ankündigte, dann wusste man schon vor dem ersten ohrenbetäubenden Ton, dass sein verliebtes Herz am kräftigsten in seiner Hose schlägt. Anderthalb Stunden der Glückseligkeit, die manch hartem Knochen Tränen der Rührung in die Augen trieben. Mit einer Zugabe legten Monster Magnet dann noch eine Kohle nach, als sie sich mit „Spacelord“, ihrem wohl bekanntesten Kracher, verabschiedeten. Und das schweißüberströmte, muskelstrotzende Testosteronbündel Wyndorf verschwand hinter die Bühne. Man mochte sich gar nicht ausmalen, was der Schlawiner dahinten noch so alles anstellte. Dirk Becker

Dirk Becker

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