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Kultur: Nonsens am Abend
Die Liveband Dyse rockte das Waschhaus
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Wem nachgesagt wird, eine der besten Livebands Europas zu sein, der muss eine große Last auf seinen Schultern tragen. Denn Livequalitäten haben so einige Formationen. Vor der Kasse des Potsdamer Waschhaus bildete sich aber zumindest ein kleiner Menschenauflauf, der auf einen gutes Konzert am Freitagabend hoffen ließ.
Eingefleischte Fans der als Hauptact angekündigten und eben so hoch gelobten Leipziger Formation Dyse lassen den Berliner Support Smokin’44 erst einmal links liegen. Dabei klingen die gar nicht so schlecht. Bestehend aus Schlagzeug und Gitarre erzeugen Andru Giant und Jacky Blue einen Sound, der seine Ursprünge im Blues hat, aber mit Punk und einer Prise Stoner-Rock abgemischt ist. Das bedeutet vor allem ein extrem kraftvoll gespieltes Schlagzeug, das in einen intensiven, beinahe schmerzhaften Dialog mit der Gitarre tritt. Alles nicht ganz neu, aber sehr melodiös und damit meilenweit entfernt von dem, was nach der zugegeben etwas ausgedehnten Umbaupause folgt und den Saal plötzlich randvoll werden lässt.
Diese Band da vorn stellt sich erst einmal ausführlich vor. Da ist der An3 am Schlagzeug. Er ist stolz, weil er einen Sitzplatz gewonnen hat. Für den musste er die Frage nach dem Gründungstag von Metallica beantworten. „Weiß nicht“ hat er gesagt – und „Weiß nicht“ war augenscheinlich goldrichtig. Also sitzt er jetzt auf der Waschhaus-Klub-Bühne und macht zusammen mit Jari, den er vorher nie gesehen hat, Musik.
Nonses natürlich, und Nonsens wird auch das Thema des Abends bleiben. Nachdem Dyse ihren Song „Zebramann“ gespielt haben, der zu großen Teilen aus dem extrovertiertes Schreien der Worte Schwarz und Weiß bestand, kommt der eigentliche Part des Abends. Sie hätten ein Buch geschrieben, über Paul und Jaqueline, die – beide ohne Arme – den Monstermann treffen und sich aufmachen zum Tempel der Liebe, dessen Spitze beinahe die Wolken berührt. Diesem Buch sollte der Abend gewidmet sein, ein live gespielter Soundtrack sozusagen.
Den Fans war alles Recht. Sie stürmten den bei der Vorband noch gewahrten Sicherheitsabstand zur Bühne und waren bereit zum Feiern. Vorher galt es aber noch den Publikumssoundcheck zu absolvieren, der in der Aufforderung zu möglichst expressivem Klatschen bestand. Das sollte nicht nur die Band, sondern auch auch das Publikum motivieren. Denn dann wurde es sehr laut. Ein dichter Klangteppich aus Schlagzeug und Gitarre legte sich über den Raum und unisono setzte in den vorderen Reihen des vollen Klubs nun eifriges Headbanging ein. Hier spritze das Bier, hier floss der Schweiß, hier wurde ordentlich gerempelt und geschubst. Etwas anderes ging auch nicht, denn Kuschelmusik stand nicht auf dem Programm.
Leider war die Party nur von kurzer Dauer. Nach einer dreiviertel Stunde und einer Zugabe war sie schon wieder vorbei. Vielleicht hätten die Jungs aus Leipzig einfach ein bisschen weniger von Paul und Jaqueline fantasieren und ein, zwei Stücke mehr spielen sollen. So muss das mit der euphorischen Ankündigung von wegen einer der besten Livebands vielleicht doch noch einmal überdacht werden. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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