Kultur: Nonsens und Polterkomik Mundstuhl-„Comedy“
in der Waschhaus Arena
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Im Gewimmel der medienpräsenten Spaßmacher und Witzerzähler sind jene mittlerweile nicht mehr selten, die mit ihrem Niveau programmatisch an die unteren Grenzen gehen. Die beiden hessischen Comedians namens „Mundstuhl“ kennen sich seit Langem in diesen Niederungen aus und verstehen es nach wie vor, sich damit bestens zu vermarkten und mit dieser als Satire getarnten Polterkomik die Menschen zu ergötzen. So auch am Samstagabend in der Waschhaus Arena, im Rahmen ihres aktuellen Programms „Sonderschüler“.
Sie sitzen anfangs in Freizeitkleidung, zankend und lästernd, breitbeinig auf flachen Rundhockern und sehen nicht wie Lehrer aus. Lars Niedereichholz mit seiner Pilotenbrille und der glatzköpfige Ande Werner, der sich aus Angst, weiterhin mit Ralf Zacherl verwechselt zu werden, das Kinnbärtchen abgerissen hat, spielen doch lieber die intelligenzfernen Zeitgenossen. Kaum eine Zielgruppe lässt sich bequemer durch den Kakao ziehen. Dazu werfen sich die zwei hastig in schockierende Kostüme und glänzen denn auch an diesem Abend in ihren bekannten Paraderollen: die „voll krass korrekten“, sich mit idiotischen Behauptungen einander überbietenden Migranten-Kids Dragan und Alder, die ostdeutschen Plattenbauköniginnen Peggy und Sandy, welche über ihre rechtslastigen, inzestuösen Kinder klagen, der prollige Choleriker Andi, der ungebremst und böse auf seine „fette Alte“ schimpft oder etwa die schüchterne Öko-Band „No Pressure“, deren optische Erscheinung allein schon für etliche Lachanfälle sorgt.
Dessen eingedenk präsentieren Mundstuhl also einen großen bunten Strauß Randgruppenwitze. Ohne extreme Überspitzungen kommen die gespielten Charaktere natürlich nicht aus, selten fehlen pornografische Zoten und infantile Albereien. Da preisen sie Luftpumpen als „Travel Blow Dryer“ an, grillen ein Gummihuhn mit brennendem Haarspray, unterhalten sich über austauschbare Brustwarzen oder leere, zum Eierbecher umfunktionierte Augenhöhlen und reichlich weiteren ausgemachten Blödsinn. Für die Dauer eines kurzen kuriosen Werbespots verschwinden sie dann stets von der Bühne, um sogleich, sei es einzeln oder zusammen, in abenteuerlicher Aufmachung wieder aufzutauchen, auf den Lippen schon die Witze für ihren nächsten Sketch. Aber auch etwas Liedgut haben sie im Gepäck, wenngleich es ihnen nicht so recht gelingen mag, das Publikum zum Mitsingen eines Loblieds auf den nachweislich gewaltfreien Schauspieler Günther Strack zu bringen. Immerhin, ihren Johann Lafer-HipHop bringen sie alleine ganz gut und origineller zustande, und wenn sie sich in entsetzlicher Gossensprache beispielsweise über den „Drecks-Joe Cocker“ aufregen, übertönt ihr eigenes Gebrüll ohnehin den ganzen Saal.
Während sich daselbst die gut 250 Gäste über anderthalb Stunden durchaus köstlich amüsieren, zieht sich doch eine gewissermaßen spürbare Routine durch den gesamten Auftritt, sind Mundstuhl mit ihrem Programm „Sonderschüler“ doch bereits seit vielen Monaten unterwegs, so dass selbst vermeintlich Improvisiertes oder Fehlerhaftes einstudiert wirkt. Dies ist den beiden wohl ebenfalls nicht entgangen, was ein, zwei ironische Anspielungen verraten. Zumindest lässt sich die Abfolge der Gag-Nummern ja stets variieren – am Ende bleibt die Qualität doch immer gleich: respektlos, radikal, rasant, satirisch grobschlächtig und bisweilen sogar wirklich witzig.
Daniel Flügel
Daniel Flügel
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