Kultur: Nur der eigene Weg zählt
Nach acht Jahren veröffentlicht die Potsdamer Band Loosavanna morgen ihr erstes Album
Stand:
Eigentlich war es ganz einfach. Sie mussten nur auf ihr Bauchgefühl hören. Doch sie haben lange Zeit gebraucht, das zu erkennen. Erst als sie kurz davor waren, sich vollends zu verbiegen, als sie den kompletten Bruch suchten und mit fast leeren Händen dastanden, haben Loosavanna erkannt, welchen Weg sie als Band gehen müssen.
Es war im Februar 2007, als Anke, Mary, Elli, Katja und Benno einen folgenschweren Schritt wagten. Sie trennten sich von ihren langjährigen Produzenten. Es war Verzweiflungstat und Befreiungsschlag zugleich. Doch zuerst standen sie vor dem Nichts. Nur Gerhard Zimmermann von mute music promotion hielt zu den Fünf. Eigentlich eine Situation, in der sie nach sieben Jahren Bandgeschichte und zahlreichen Versuchen, ein eigenes Album herauszubringen, endgültig das Ende hätten besiegeln können.
Fragt man Loosavanna heute, ob sie damals nicht ernsthaft an ein Aufhören gedacht haben, schauen die Fünf einen nur ungläubig an. „Das stand für uns nie zur Debatte“, sagt Sängerin und Gitarristin Elli. Sie haben sich hingesetzt und angefangen, eigene Lieder zu schreiben. Zuerst haben sie sich schwer damit getan. Doch mit jedem weiteren Lied merkten sie, wie befreiend das war. Sie waren endlich auf dem Weg, ihre ganz persönliche, ihre ganz eigene Stimme zu finden. Morgen, im mittlerweile achten Jahr von Loosavanna, erscheint ihr Debütalbum „Razzledazzledoubletrouble“ im Handel und am Freitagabend feiern sie diese Veröffentlichung mit einem Konzert auf dem Theaterschiff.
Anke, Mary, Elli und Katja kannten sich aus der Schule, als sie vor acht Jahren beschlossen, ihre eigene Band zu gründen. Ein paar Akkorde und der unbändige Glaube an sich selbst, mehr Rüstzeug bedurfte es damals nicht. Als Schlagzeuger wurde kurzerhand Marys kleinerer Bruder Benno, damals zarte 13 Jahre alt, in die Band geholt. Zuerst waren es Coverlieder, die Loosavanna spielten. Bei einem ihrer kleinen Konzerte wurden die Produzenten Jens Titze und Michael Schulz auf die junge Band aufmerksam und nahmen die Fünf unter ihre Fittiche. Vier Mädchen auf der Bühne, die nicht nur gut aussehen, sondern auch noch guten Rock“n“Roll spielen, dazu Benno, der die vierfach geballte Mädchenpower schon damals äußerst stoisch hinnahm, das klang vielversprechend.
Vielversprechend waren auch die ersten Jahre. Zahlreiche Konzerte, erfolgreiche Teilnahmen an Landesrockwettbewerben, der Radiosender Fritz wurde auf Loosavanna aufmerksam und die Planungen für ihr erstes Album begannen. Die erste Single „Mary“s Misery“ erschien 2005, im Waldschloss wurde eigens ein Video zum Lied gedreht. Doch dann wurde es still um die Band.
„Wir haben damals viel geprobt und aufgenommen, das Album war geplant“, sagt Elli, Sängerin und Bassistin. Doch etwas stimmte nicht. „Wir sind dankbar für die Zeit mit unseren Produzenten“, so Mary. Viel haben sie gelernt. Doch wurde ihnen auch viel abgenommen, manches Problem zu leicht gemacht. „Irgendwann wussten wir nicht mehr genau, ob wir für uns oder nur auf Anweisung proben würden“, erklärt Pianistin Katja. Lange Zeit hatten sie an den Liedern mitgeschrieben, an den Kompositionen mitgearbeitet. Als sie dann aber Fremdkompositionen spielen sollten, die mehr nach Pop statt nach Rock klangen, also besser auf dem Markt zu platzieren wären, war Schluss. „Wir fühlten uns wie in ein Korsett gezwängt“, so Anke, dritte Sängerin und Gitarristin. Es folgte der Bruch und der Neuanfang.
Den Befreiungsschlag hört man „Razzledazzledoubletrouble“ an und die Freude, die die Fünf mit ihren eigenen Liedern haben. Loosavanna haben hier erst einmal ihren Ideen freien Lauf gelassen. Rock mit unmissverständlicher Vormarschrichtung wie in „See You Soon“, „Booboo“ und „What Keeps Me Going“, elektronische Reminiszenzen in „Remote Controlled“ und oder die ohrfeigende Abrechnung mit Fernsehversprechen „Made By Empty V“, das geht schön und kraftvoll querbeet.
Mittlerweile regeln Loosavanna fast alles in Eigenregie. Konzertplanung, Cover- und Plakatgestaltung, Komponieren und all die Kleinigkeiten, die zum Bandalltag gehören. Musik ist einfach die große Liebe der Fünf von Loosavanna. Studium, Arbeit oder Zivildienst gehören zu den Pflichten, die Musik ist jedoch der Mittelpunkt. „Wenn wir jetzt proben, dann machen wir das für uns“, sagt Katja. Den unbändigen Glauben an sich selbst aus den Anfangstagen haben sie noch immer. Auch den Traum, irgendwann von ihrer Musik leben zu können. Dass sie jetzt zumindest die richtige Richtung eingeschlagen haben, wissen sie. Denn um ihr Ziel zu erreichen, zählt nur der eigene Weg.
Record-Release-Party morgen, ab 20 Uhr, im Theaterschiff an der Alten Fahrt.
Dirk Becker
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: