zum Hauptinhalt

Kultur: Nur durchwachsene Kost Stermann & Grissemann in der Waschhaus Arena

Ein fürstliches Menü mit mehreren Gängen kann sich manchmal ewig hinziehen. Da möchten die Vorspeisen kein Ende nehmen, und kaum ist das Hauptgericht serviert und aufgegessen, wird schon der Nachtisch gebracht.

Stand:

Ein fürstliches Menü mit mehreren Gängen kann sich manchmal ewig hinziehen. Da möchten die Vorspeisen kein Ende nehmen, und kaum ist das Hauptgericht serviert und aufgegessen, wird schon der Nachtisch gebracht. Nicht von ungefähr also ist die Sendezeit der zahllosen TV-Kochshows stets reichlich bemessen und die Liebe für Smalltalk und Entertainment so groß wie die Lust auf schräge Frisuren und fremdländische Mahlzeiten. Doch damit ist nun Schluss. Denn dank des österreichischen Komiker-Duos Stermann & Grissemann ist die Küche endlich wieder in deutscher Hand, herrscht dort wieder Zucht und Ordnung. Sehr zur Freude der gut 400 Gäste, die sich am Donnerstagabend in die Waschhaus Arena begeben hatten, um die Neuauflage der „Deutschen Kochschau“ zu erleben, selbst wenn es sich dabei um einen Etikettenschwindel handelte.

Werbespots lassen sich ja überall unterbringen, auch solche für Backwaren vom Wellness-Bäcker Kotzbeck und Hilfsmittel für moderne Stehpinklerinnen, gezeigt in einem Schulsaal. Sonst müsste man sich vielleicht fragen, weshalb Christoph Grissemann im schwarzen Glitzerkleid und tiefroter Angela-Merkel-Frisur die Bühne betritt und sich als Schulleiterin Martina Sack-Ziegler vorstellt. Man könne sie gern auch Tini nennen, da sie einen Tinnitus habe. Mit solch mürben Kindergartenwitzen, gänzlich bezugsfreiem biografischen Geplauder und ihrem nackten Hintern erfreut sie die Zuschauer, die flugs zu IQ-Kursteilnehmern an der „Volkshochschule am Friedhof der Namenlosen“ erklärt werden, ohne dass von Involvierung die Rede sein kann. Zudem fällt der Kurs aus, der Dozent leide an einer Analfistel. Das verrät Dirk Stermann, der gebärdenreich als Ausdruckstänzer Manu mit schneeweißem Kostüm und Afro-Perücke über die Bühne fegt. Freilich – das ist lustig, hat aber nichts mit Kochen zu tun. Und eine Weile schmunzelt man gern über die ironischen Salti, wenn die beiden in ihren Faschingskostümen schon vom Auftritt von Stermann & Grissemann schwärmen und als etwas müden Running Gag stets ihre Namen verwechseln. Immerhin verschwindet so aber der leidige Volkshochschul-Rahmen allmählich. Sie treten einfach heraus, als hätte es dieses ausufernde Spiel nie gegeben, loben erst und beschimpfen sich dann wüst, streiten sich über ihre Kostüme, bemängeln ihre Dramaturgie, treiben das Ganze bis zur Selbstdemontage; ein Kunstgriff einst, doch längst nichts weiter als ein Akt der Hilflosigkeit. Dazu passt die Flachheit der Späße übers Tierquälen, die lumpige Ironie angesichts der Bilder von hässlichen Menschen sowie der Willkommensgruß an jeden noch so billigen Kalauer.

Wirklich genial dagegen sind die Einspieler, Sketche, wie der von einer Diskussionsrunde, die ein Standbild der Langeweile ist, wo man in riesigen Ledersesseln sitzt und Grissemann mit quäkender Stimme vom Eismann erzählt, der angerollt kommt, „Gelati! Gelati!“ ruft, sodass die Kranken herbeieilen und alle Kinderherzen höher schlagen. Köstlich amüsiert sich das Publikum. Tosender Jubel allerdings erhebt sich nach der Pause, wenn nunmehr, in einer knapp vierminütigen „Deutschen Kochschau“ im schneidig scharfen Kasernenhofton der Hauptgang aufgetragen und dem aus reinem Riefenstahl gefertigten totalen Sieb gehuldigt wird. Ihre Tuntenfummel haben sie da längst abgelegt, sind nun Stermann & Grissemann, die ihre Paraderollen, diesen „Nazischeiß“, nicht mögen und sich deshalb rasch auf das üppige Comedy-Kompott stürzen, das der Abend noch lang bereithält. Da wird empfohlen, Obdachlose aufzuessen als „Penner arrabiata“, über Senta Berger und andere Schauspieler mit Hundevornahmen gelacht, und nach gut zwei Stunden hat es wohl allen vortrefflich geschmeckt, war für jeden was dabei. Durchaus echte Leckerbissen, aber viel zum Sortieren auf dem Tellerrand. Daniel Flügel

Daniel Flügel

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })