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Kultur: Nur nicht geschwätzig werden Rhetoriker Max Goldt im Waschhaus
Erinnert sich noch jemand an die Band Foyer des Arts, die in den 80ern zur Neuen Deutschen Welle Hits mit schrägen Gaga-Texten hatte? „Wissenswertes über Erlangen“, „Hubschraubereinsatz“ oder „Schimmliges Brot“ waren nur einige ihrer Titel – und der Mann am Mikrofon war der Berliner namens Max Goldt.
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Erinnert sich noch jemand an die Band Foyer des Arts, die in den 80ern zur Neuen Deutschen Welle Hits mit schrägen Gaga-Texten hatte? „Wissenswertes über Erlangen“, „Hubschraubereinsatz“ oder „Schimmliges Brot“ waren nur einige ihrer Titel – und der Mann am Mikrofon war der Berliner namens Max Goldt. Eine brillante Rhetorik und das Spiel mit Worten waren damals schon sein Markenzeichen. Heute allerdings singt Goldt nicht mehr, sondern er schreibt Bücher, viele Bücher, mit Kurzgeschichten. Am Donnerstag kommt er mit seinem neuen Lese-Programm „Schade um die schöne Verschwendung“ ins Waschhaus.
Allein die Titel seiner Erzählbände lassen erahnen, worum es geht: „Schließ einfach die Augen und stell dir vor, ich wäre Heinz Kluncker“, „Vom Zauber des seitlich dran Vorbeigehens“, „Nackt in einem Märchenschloß voll wirklich schlechter Menschen“ oder einfach nur „Ä“ – im goldtschen Duktus versteckt sich immer die Überraschung, das Unerwartete. Er spielt mit dieser Erwartungshaltung, dieser ständig lauernden Frage, was sich hinter der nächsten Ecke wohl verbirgt – und er hat immer wieder messerscharfe Pointen in seine Texte verbaut.
Es ist die deutsche Sprache, die Max Goldt so fein seziert, als würde er einen germanistischen Exkurs halten. „Geschwätzigkeit ist schlimmer als falsche Wortwahl“, sagte er mal bei einer Lesung in Potsdam – und genau die Wortwahl ist das Markenzeichen Goldts: Er schöpft aus einem scheinbar unendlichen Repertoire an Wendungen und Begriffen, die er zu Geschichten auftürmt. Und die liest er dann auch noch in atemberaubender Rhetorik vor, Kurzgeschichten mit scheinbar sinnlosen, aber in Wahrheit oft hintersinnigen Titeln wie „Ich hatte nie darum gebeten, im Schatten einer Stinkmorchel Mandoline spielen zu dürfen“ oder „Der Sprachkritiker als gesellschaftlicher Nichtsnutz und Kreuzritter der Zukunftsfähigkeit“.
Das Ganze funktioniert natürlich nur so hervorragend, weil Goldt eine bescheidene Seriosität ausstrahlt, fast schon eine väterliche Art, die zu seiner sonoren Stimme perfekt passt. Da merkt man das rhetorische Genie allzu deutlich. Goldt könnte belehren, der Sprachpurist weiß nämlich um die korrekte Verwendung der Sprache – aber er muss es nicht. Er spielt lieber mit der Sprache, reiht stakkatohaft Adjektive aneinander, führt mit abwegigen Passivkonstruktionen in die Irre und lässt letztlich doch wieder alles nahtlos ineinanderfließen. Kurz: Er ist der Reiseführer im Labyrinth der deutschen Sprachregeln. Oliver Dietrich
Max Goldt mit „Schade um die schöne Verschwendung“ am Donnerstag, 5. März, 20 Uhr im Waschhaus, Schiffbauergasse. Die Karten kosten 15 Euro.
Oliver Dietrich
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