Kultur: Offen in alle Richtungen „Kopfurlaub“ im HOT-„nachtboulevard“
Am Anfang war Verwirrung. Auf der Internetseite des Hans Otto Theaters Potsdam war die für den Samstagabend im „nachtboulevard“ geplante Veranstaltung „Kopfurlaub“ mit einem Veranstaltungsbeginn um 21.
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Am Anfang war Verwirrung. Auf der Internetseite des Hans Otto Theaters Potsdam war die für den Samstagabend im „nachtboulevard“ geplante Veranstaltung „Kopfurlaub“ mit einem Veranstaltungsbeginn um 21.30 Uhr angekündigt worden. Auf dem werbenden Flyer, den der Herbstwind durch die Berliner Straße trug, hieß es jedoch, dass die Reithalle bereits ab 16 Uhr ihre Tore öffnen würde.
Tatsächlich war es dann gegen 20 Uhr, als das überwiegend jugendliche Publikum das Foyer bevölkerte und Freddy und seine „Musikantenknochen“ bestaunte, die, selbst erst Anfang Zwanzig, den Abend offiziell eröffneten, erstaunlich frische deutsche Texte im Repertoire.
Der Sänger, der auch auf Solopfaden wandert und bereits auf eine bemerkenswerte Konzerterfahrung zurückblicken kann, erinnert in seiner Gewitztheit und der Art des Liedermachens ein wenig an den um einiges älteren Potsdamer Musikerkollegen Christian Näthe, der, ehemals Frontmann von „Lex Barker Experience“, jetzt mit der Band „Hasenscheiße“ neue, alte Wege geht.
Aber zurück zu „Kopfurlaub“. Der gut besuchte Abend sollte sich in seinem Verlauf noch sehr vielseitig gestalten! Vom Liedermachen ging es nahtlos über zum Beatboxen. Draußen vorm Eingang der Reithalle hatten vier der Jungs der Terrific Voices Crew einiges an Technik aufgestellt, um ihr Können im Rappen und Freestylen unter Beweis zu stellen. Ganz im Sinne der großen amerikanischen Vorbilder ging es hier um große Gesten, harte Beats und coolen Sound. Mit von der Partie übrigens Benjamin Bauer, der im September von der Partei Die Anderen zum Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl aufgestellt war. Was für ein Hallo, ihn hier inmitten seiner Freunde zu sehen, das Micro am Mund, ein Könner im freien Reimen.
Die Jungs eroberten sich dann später am Abend noch einmal die Bühne des Foyer und hatten keine Lust, diese so schnell zu räumen. Zusammen mit den Mitgliedern der Hip Hop Band WIR rappten sie gegen die Technoklänge an, die immer mal wieder aus dem großen Saal schwappten.
Dort hatten Whatyes von Klangsucht zwei Pianos und zwei Synthesizer aufgebaut und zauberten ganz ohne Computer ihren Livetechno, der, unterstützt von Visuals und raffinierter Lichtinstallation, sofort einen Großteil der Gäste in seinen Bann zog und die Tanzfläche füllte.
Vorher konnte man hier eine kleine Szenerie der Jugendtheatergruppe „Die Spielwütigen“ mitverfolgen, die abgelöst wurde durch die Band „Dock Smockman“. Charismatische Frontfrau, musikalische Vielschichtigkeit (Julius wechselte während der folgenden 30 Minuten fünfmal das Instrument!) und professionelle Unterstützung durch Kai Kittelmann, offenbar Initiator der Band.
Ihnen und allen anderen Acts des Abends war eines gemeinsam – ihre Jugendlichkeit und ihre offensichtliche Kreativität und Musikalität. Hier im „nachtboulevard“ hatte sich für einige Stunden wieder Jugendkultur gezeigt, die vielschichtig, neugierig und offen in alle Richtungen war.
Die Organisatoren, Fabian Peter, Karl Rückholtz und Martin Eckert, selbst erst Anfang Zwanzig und mitten in der Ausbildung zur Fachkraft für Veranstaltungstechnik, hatten ihre Köpfe definitiv nicht in den Urlaub geschickt, sondern eine runde Sache auf die Beine gestellt und sich einen Raum erobert und mit Leben gefüllt. Andrea Schneider
Andrea Schneider
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