Kultur: „Offset“
Didi Danquart im Thalia: mit Film ohne Happyend
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„Warum kein Happyend?“, fragte eine junge Zuschauerin nach der Vorstellung des Filmes „Offset“ im Arthousekino Thalia am Donnerstagabend. Regisseur und Co-Autor Didi Danquart konterte: Er habe eben kein Mainstream-Movie machen wollen, obwohl er sich solche Sachen „zum Abhängen“ auch ansehe. „Offset“, als unabhängige Produktion in Zusammenarbeit mit zwei rumänischen Autoren 2005 entstanden, ist gleichsam sein Beitrag zur „europäischen Integration“, die Suche dieses Landes „nach Identität“, wie sie sich in der beeindruckenden Dreiecksgeschichte zwischen der schönen Brindusa (Alexandra Maria Lara), dem deutschen Techniker Stefan (Felix Klare) und ihrem Chef und Geliebten Iorga (Razvan Vasilescu) auf so überzeugende und tragische Weise abspielt.
Sie ist seine Sekretärin und Dolmetscherin, verliebte sich aber in diesen Deutschen. Der Zuschauer wird gerade dann nach Bukarest geführt, als die beiden heiraten wollen, was Iorga, ein Macho und Familienvater, aus tiefer Liebe zu ihr verhindern will. Er sabotiert den Aufbau der neuen Offset-Maschine aus Deutschland, er bedrängt sie sogar noch am Polterabend, während Stefans Familie aus Paderborn anreist. Doch schon als Brindusa und Stefan anfangs so hübsch auf der Straße tanzen, bekommt man das Gefühl, diese Mär ginge nicht gut aus, zumal Danquart so ziemlich alles offenließ, was zu entscheiden wäre: Ob sie noch einmal mit Iorga geschlafen hat, ob die französischen Handelspartner nach den gescheiterten Besprechungen wiederkämen, ja, ob das Paar nun wirklich auseinanderläuft. Sie wollten ja zusammen nach Deutschland gehen.
So viel Ungewissheit schien das überwiegend jugendliche Publikum etwas verwirrt zu haben. Warum also kein Happyend? Danquart sagte im Filmgespräch, er habe „den emotionalen Frust des Publikums unterschätzt“. Man wünscht sich den glücklichen Ausgang, bekommt ihn aber nicht. Von „rassistischen Ansichten“ Stefans war die Rede, als er die Situation im maroden „Paris des Ostens“ genauso deutlich aussprach wie seine von Katharina Thalbach ganz wunderbar verkörperte Mutter: Vorurteile gegen eine andere Kultur, die sich freilich allwegs bestätigen: marode Gebäude, schlechte Infrastruktur, Angst, von einem Taxifahrer ins Ungewisse gesteuert zu werden, größte Distanz auch gegen die Schwiegertochter in spe. Und eben die andere Mentalität. „Wir sind ein Land der Machos!“, sagten die Rumänen zu Danquart, dessen achtmonatiger Drehaufenthalt vieles zum künstlerischen Kolorit dieses Films beigetragen hat, zu seiner Glaubhaftigkeit. Dies bestätigte auch ein junger „Globetrotter“ aus eigener Erfahrung, während ein anderer sich genau deshalb nicht mit dem Deutschen identifizieren konnte. Eine Generationsfrage offenbar, oder, wie man einen Film jenseits des „Mainstream-Movie“ rezipiert.
Der Regisseur sagte: „Es gibt so viele Codes in Rumänien, die wir gar nicht kennen.“ Stefan isst der Geliebten die letzte Praline weg – eine tödliche Beleidigung, dann das Trauma von zwei Millionen Emigranten seit 1989, Angst auch vor dem neuen Europa. Da sollte es ein Happyend geben?
Danquart inszeniert genau dieses „Zwischenfeld“, er sucht die Debatte über offene Fragen, denn der Film soll „ins Leben zurück“, nicht in die Illusion. Seine Botschaft: Es gibt jetzt kein glückliches Ende zwischen dem suchenden Rumänien und dem Westen: höchstens vielleicht. Da ist genügend zu denken. Gerold Paul
Gerold Paul
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