Kultur: „Oh Jammer, sie ist hin“
Henny Porten spielte „Königin Luise“ und ruinierte sich mit dem von ihr eigenfinanzierten Film
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Es ging im Filmmuseum gleich um zwei außergewöhnliche Frauengestalten, um Henny Porten, die von 1890-1959 lebte und um die von ihr dargestellte Königin Luise, die, 1776 geboren, nur 34 Jahre alt wurde. Wie es der Fama der liebreizenden Königin gebührt, waren recht viele Interessierte gekommen, um sich durch den Film „Luise, Königin von Preußen“ aus dem Jahr 1931 in seliger Prominentenverehrung zu üben. Eine Beschäftigung so recht für einen kalten Samstagnachmittag. Noch heute ruft man ihr traurig die Granseer Denkmal-Inschrift „Oh Jammer, sie ist hin“ nach und sehnt sich nach Frauen mit diesem weiblichen Charme, dem richtigen politischen Gespür und der unendlichen Geduld, die es ihr erlaubte, zehn Kinder in die Welt zu setzen und die Launen ihres nicht gerade geistesblitzenden Gemahls Friedrich Wilhelm III. zu ertragen.
In einem der ersten Tonfilme spielte Henny Porten, die bislang nur in Stummfilmen aufgetreten war, diese Vorbild-Mischung aus ergebener Ehefrau und emanzipierter Staatslenkerin. Porten war das Thema so wichtig, dass sie den Film als Produzentin komplett eigenfinanzierte und sich mit ihm ruinierte. Denn ganz am Ende, kurz bevor Luise stirbt, hält sie eine Rede gegen den Krieg, der niemandem nütze. Dieser Pazifismus war 1931 nicht angesagt, weshalb der Film aus den Kinos genommen wurde, wie die Schauspielerin Viola Livera in ihrer Einführung berichtete. So erfuhr man auch durch Originaltondokumente, dass Henny Porten dabei zum ersten Mal mit Gustav Gründgens zusammenarbeitete, ein Experiment, das anfangs risikobehaftet war, denn Gründgens erschien ihr zunächst abweisend kühl. Doch nachdem sie ihre erste intensive Szene der kranken Luise abgedreht hatten, gestand er ihr: „Frau Henny, ich bin hier hergekommen mit dem festen Vorsatz, diesen Henny Porten-Rummel nicht mitzumachen. Aber jetzt habe ich Sie genauso lieb wie all die anderen auch.“
Aus heutiger Perspektive ist es schwer, sich die ergebene Luisenliebe vorzustellen, und vielleicht fällt es uns noch schwerer, nachzuvollziehen, was es mit der Einführung des Tonfilms auf sich hatte. Gegen diesen war Henny Porten, die schon ab 1907 ihren Ruhm begründete und ein Stummfilm-Star war, sehr skeptisch eingestellt. Zum einen, weil die bisherigen Versuche, die sie kannte, sich anhörten, als ob jemand aus „der Gießkanne bläst“ und vor allem wollte sie verhindern, dass die Kunst des Stummfilms einfach so vergessen werden sollte.
Was bleibt, ist neben Portens melodramatischer, hessisch sprechender Verkörperung der allgeliebten Luise vor allem ihre bewundernswerte Risikobereitschaft, hinter der eine Leidenschaft zu erkennen ist, die heutzutage ihresgleichen sucht. Lore Bardens
Lore Bardens
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