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Kultur: Oh my god – wie herrlich! Die britischen King’s Singers im Nikolaisaal

Gazestreifen hängen vor der gewellten Rückwand des Nikolaisaals, werden von abgezirkelten Lichtbalken, meist blau, angestrahlt. Das glitzert und funkelt und will sicherlich mit dem Auftritt der britischen The King’s Singers wetteifern.

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Gazestreifen hängen vor der gewellten Rückwand des Nikolaisaals, werden von abgezirkelten Lichtbalken, meist blau, angestrahlt. Das glitzert und funkelt und will sicherlich mit dem Auftritt der britischen The King’s Singers wetteifern. Tatsächlich verleiht das lichtdesignte Bühnenbild, das immer wieder in vielen Farben changiert, dem Programm „The Great American Songbook“ eine optische Leichtigkeit und stimmungsvolle Klarheit, die mit dem Gesang der sechs königlichen Sänger aufs Vorzüglichste korrespondiert. Sie stehen an der Rampe, die Notenpulte vor und das Deutsche Filmorchester Babelsberg hinter sich. Dazwischen der genreerfahrene Dirigent Jules Buckley, der alles umsichtig koordiniert, zurückhaltend die Zeichen setzt, weil alle Beteiligten vom gleichen künstlerischen Geist erfüllt sind, einander blind vertrauen. Sie sind perfekt im Miteinander, voller gegenseitiger Impulsivität, Inspiration und Imagination.

Ohrwürmer der zwanziger bis sechziger Jahre des vorigen Jahrhunderts sind es, die in dieser fiktiven „Great American Songbook“-Edition gleichsam vom amerikanischen Musikgedächtnis künden. Es sind Songs aus Oper, Musical, Film und Revue, die mit Zutaten von Jazz, Pop, Swing, Folklore, Gospel, Operette versehen sind. Und sie kreisen alle um das eine Thema: Ich liebe dich, verlass mich nicht. Jubel, Trubel und Humor auf der einen, sentimentaler Schmalz auf der anderen Seite. Oh my god – wie herrlich!

Der orchestrale Startschuss des vokalen wie instrumentalen Feuerwerks vollzieht sich nicht mit der angekündigten Filmmusik „Die glorreichen Sieben“, stattdessen sorgen die zwischen knallig-effektvoll und softsoundig pendelnden Klänge des „Pomp and Circumstance“-Militärmarsches von Sir Elgar für ein „Manege frei“-Signal. Dann der Auftritt der glorreichen Sechs, ihr Griff zum Mikrofon. Doch wie anders könnten sie sich sonst mit ihren kostbaren Edelstimmen gegen die Übermacht der Babelsberger Filmmusiker durchsetzen?!

Blockweise wird die „Book“-Kost dargereicht. Zunächst die von Harold Arlen und George Gershwin, die durch ihre Herkunft für jüdische Einflüsse – unter anderem den Synagogalgesang – sorgen. Wie im Arlenschen „Get happy“, wenn ein Countertenor kantorengleich sich solistisch über die fünf anderen Sänger erhebt. Wenig später bricht sich unisono angestimmter Swing ungehemmt Bahn, verbindet sich phänomenale Stimmkultur mit britischem Humor und uhrwerkspräzisem Orchester. Und so stellt sich, Nummer für Nummer, ein perfekt funktionierender Einklang her, wobei die Arrangements von Alexander L’Estrange den Originalen jenes Sahnehäubchen aufsetzen, für das man ihm nicht genug danken kann.

Zweiter Block: Die Magie des Cole Porter, Vaters der Broadway-Theater, die funkelnd und leuchtend mit dem Sound der Revue verschmilzt. Köstlich, wenn in „Night and day“ das Ticktack einer Uhr imaginiert oder in anderen Songs das Schnalzen eines Kontrabass-Pizzicato imitiert wird. Und auch der A-cappella-Gesang profitiert immer wieder von derlei Zutaten, wozu auch die Soli jedes einzelnen Sängers gehören. Zwei Stunden lang reiht sich Hit an Hit, dann kennt der Jubel fast keine Grenzen. Ohne sich lange bitten zu lassen, geben The King’s ihre erste Zugabe. Singen ist zweifellos ihr Lebenselixier. Peter Buske

Peter Buske

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