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Kultur: Ohne Brunnen und Balustraden

Georg Potente führte Sanssouci-Terrassen auf ursprüngliches Bild zurück / Dissertation von Jörg Wacker

Georg Potente führte Sanssouci-Terrassen auf ursprüngliches Bild zurück / Dissertation von Jörg Wacker Gartendirektor Georg Potente (1876 - 1945) ist für Sanssoucis Gärtner ein Leit- und Vorbild geblieben. Er gilt als der Begründer der wissenschaftlichen Gartendenkmalpflege. Seit Mitte der 90er Jahre, als eine Ausstellung anlässlich seines 50. Todestages an ihn erinnerte, ist Potentes Wirken der bevorzugte Forschungsgegenstand von Jörg Wacker. Der stellvertretende Gartendirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten legte 2003 einen Bestandskatalog mit 436 Zeichnungen und Plänen Potentes vor. Dem Katalog folgte nun eine Arbeit „Georg Potente. Die Entwicklung vom Gartengestalter zum Gartendenkmalpfleger zwischen 1902 und 1938 in Potsdam-Sanssouci“. Damit wurde Wacker an der Philosophischen Fakultät der Universität Potsdam promoviert. Potente begann die Wiederherstellung historischer Gärten mit dem genauen Studium der schriftlichen Quellen. Er verglich die Originalpläne mit dem Istzustand, den er unter anderem durch Luftaufnahmen ermittelte. Daraus wurden die Wiederherstellungs-Planungen abgeleitet. Dieses Vorgehen bestimmt noch heute, wenngleich mit moderneren Methoden, die Arbeit der Gartendenkmalpfleger, erläutert Wacker. Georg Potente begann seine Tätigkeit in Sanssouci zur Kaiserzeit. Von Hof erhielt er Aufträge zur Modernisierung und Umgestaltung von Parkbereichen. So wurde der Rosengarten am Neuen Palais im Stil des Neobarocks erneuert und mit Rosen bepflanzt, die nach ihrer Blütenfarbe geordnet waren. Für die Bepflanzung von Rabatten vor der Gartenterrasse des Palais setzte er erstmals die von Karl Foerster später so populär gemachten Stauden ein. Zuvor hatte Potente bereits wesentlich an der Verbindungsanlage zwischen Orangerie und Belvedere Klausberg und deren Bepflanzung nach nordischen Vegetationsbildern mitgewirkt. Als Anerkennung seiner Arbeit wurde sie „Potentestück“ benannt. Seine Zeit als Gartendenkmalpfleger begann nach Ende der Monarchie. In den Vordergrund rückte nun nach heißen Diskussionen in der Fachwelt die Rückführung der Parkpartien auf das ursprüngliche Gartenbild. Georg Potente begann diese Arbeiten im Park Charlottenhof, wo er alte Sichten und Raumstrukturen wiederherstellte. Nach der Übernahme der Parke in Staatsbesitz folgten der Marlygarten und besonders die Rückgewinnung barocker Gartenteile. Die Abräumung der Weinbergterrassen von den in der Mitte des 19. Jahrhunderts hinzugefügten Rabatten, Pflanzungen, Brunnenschalen und Balustraden ließ in der Öffentlichkeit die Wellen hoch schlagen. Potente wurde sogar eine nicht fachgerechte, „im-potente“ Neupflanzung vorgeworfen. Doch der Direktor der Staatlichen Schlösser und Gärten, Ernst Gall, förderte engagiert seine Arbeiten. Allerdings ließ er die geplante vollständige Wiederherstellung des Broderieparterres um die Große Fontäne nicht ausführen, da sie eine Verkleinerung des Beckens eingeschlossen hätte. Wie in diesem Fall stieß eine konsequente Rückführung auf den Originalzustand auch in anderen Parkbereichen auf Grenzen. Heute gehen die Gartendenkmalpfleger davon aus, verdeutlicht Jörg Wacker in seiner Dissertation, dass die „jüngeren Schichten“ der Gestaltung ebenfalls Zeugnisse der Geschichte sind. Deshalb müsse an jedem Ort speziell geprüft werden, inwieweit sie bei Wiederherstellungsarbeiten einbezogen werden. Potentes Auffassungen und Gestaltungen gerieten oft in den Brennpunkt einer kritischen Öffentlichkeit – so wie es den Gartendenkmalpflegern von heute bei ihren Bemühungen um die Wiederherstellung der ursprünglichen Gartenbilder geht, beispielsweise im Park Babelsberg. Potente stand aber auch politisch in den Kämpfen seiner Zeit. Als Freimaurer verweigerte er sich dem nationalsozialistischen System und ging 1938 vorzeitig in den Ruhestand. Um so tragischer, dass er vor Kriegsende 1945 aus nicht vollständig geklärten Gründen den Freitod wählte. Nicht nur als Gartendenkmalpfleger, sondern ebenso in seiner aufrechten Haltung als Mensch wird Potente die Hochachtung seiner Nachfolger nicht verlieren. Durch seine mit „magna cum laude“ bewertete Dissertation trägt Wacker dazu bei, die Erinnerung an einen der fähigsten und ungewöhnlichsten Gartendirektoren Sanssoucis und dessen Werk wach zu halten.Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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