Kultur: Ohne Denkmale nackt und kahl
Broschüre über Ferdinand von Quast – Preußens erster Konservator
Stand:
Dass wir ohne Denkmale „unheimlich nackt und kahl in einer neuen Kolonie in einem früher nicht bewohnten Land dastehen“ würden, hat Karl Friedrich Schinkel geschrieben. Der berühmte Baumeister gilt als Begründer der Denkmalpflege in Preußen. Doch dies sei eine Legende, meint Rita Mohr de Pérez in ihrem Beitrag für den erschienenen Tagungsband „Zum 200. Geburtstag von Ferdinand von Quast 1807-1877. Erster preußischer Konservator der Kunstdenkmäler“. Schinkel habe vorrangig die ästhetische Seite, die „Korrektur von unansehnlich Gewordenen“ gesehen.
Dass Denkmale eine Geschichtlichkeit besitzen, die auf die Gesellschaft identitätsstiftend wirkt, erkannten vielmehr die politischen Reformer, die nach der Niederlage gegen Napoleon Anfang des 19. Jahrhunderts den maroden preußischen Staat modernisierten. Sie begriffen die Denkmalpflege als staatliche Aufgabe. Darauf sei schließlich auch die Berufung Ferdinands von Quasts zum ersten beamteten Denkmalpfleger Preußens zurückzuführen. Quasts Lebenslauf geht Nicole Wesner nach. Er wurde am 23. Juni 1807 auf dem Familiengut in Radensleben bei Neuruppin geboren. Er leitete von 1843 an 34 Jahre lang die preußische Denkmalpflege. Stets hatte er mit Personal- und Finanzmangel zu kämpfen, mehr aber noch mit dem Unverständnis gegenüber seiner Aufgabe. Dennoch gelang es ihm, die Denkmale weitgehend zu inventarisieren und zu erhalten. Beginnend mit dem ostpreußischen Ermland, begann er die Herausgabe von Inventarbänden, die seitdem in wechselnder Aufmachung erscheinen – bis zur 1994 vom Landesdenkmalamt begründeten, inzwischen zehnbändigen denkmaltopographischen Reihe.
Wie modern Quast in seinen Auffassungen war, belegen die Beiträge von Eberhard Grunsky und Georg Mörsch. So forderte er, dass man „den Monumenten die Jahrhunderte ansehen müsse, die über sie hinweggegangen“ sind. Eine puristische Restaurierung bis auf den „Urzustand“ lehnte er ab. Natürlich weisen die Verfasser der Beiträge, denen ein vom Landesdenkmalamt veranstaltetes Symposium zugrunde liegt, auf die von Unterschätzung und mangelnder Finanzierung der Denkmalpflege hervorgerufenen Probleme hin, die wie zu Quasts Amtszeit bis heute unverändert fortbestehen. Dem Band fehlen allerdings generelle Aussagen, wie die staatliche Denkmalpflege durch Bürgerengagement unterstützt werden könnte. Bekanntlich hat Landeskonservator Detlef Karg dazu die Gründung einer Stiftung vorgeschlagen. Immerhin findet der Leser am Schluss des Bandes eine Darstellung der Aktivitäten in Radensleben, wo die Einwohner wesentlich zur Herrichtung des von Quast angelegten Friedhofsparks (Campo Santo) mit den Grabstätten der Familie, der Dorfkirche und der Gutsgebäude beitragen. Diese Aktivitäten sind, erklärte Landeskonservator Karg, ebenfalls wichtig, um Ferdinand von Quast als neben Fontane und Schinkel „drittem großen Sohn“ der Stadt Neuruppin in jenen Rang zu heben, der ihm gebührt.Erhart Hohenstein
Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege und Archäologisches Landesmuseum (Hrsg.), Zum 200. Geburtstag von Ferdinand von Quast 1807 - 1877. Erster preußischer Konservator der Kunstdenkmäler. Lukas Verlag. Berlin 2008. 15 Euro.
Erhart Hohenstein
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: