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Kultur: Ohne götterfunkenden Freudentaumel Silvesterkonzert in der Nikolaikirche

Statt neun die acht, so ist’s vollbracht; nimm drei dazu, so geht’s im Nu, das alte Jahr darob sich freuen mag. Frei nach Goetheschem Hexen-Einmaleins schien es Nikolaikirchen-Kantor Björn O.

Statt neun die acht, so ist’s vollbracht; nimm drei dazu, so geht’s im Nu, das alte Jahr darob sich freuen mag. Frei nach Goetheschem Hexen-Einmaleins schien es Nikolaikirchen-Kantor Björn O. Wiede gehalten haben, als er zum traditionellen sinfonischen Silvesterkonzert in sein Gotteshaus am Alten Markt einlud. Es war bis auf den letzten Platz gefüllt. Der üblichen jahresendlichen Offerte mit Beethovens „Neunter“ (die der Nikolaisaal präsentierte) widerstehend, erkor er sich stattdessen des Meisters Achte und das „Tripelkonzert“ zu seiner originellen Programmwahl. Auch so lässt sich das alte Jahr verabschieden.

Wie immer aus diesem Anlass nahm sich die Philharmonie 2000, ein ad hoc zusammengestelltes Instrumentalensemble von Musikern aus Berlin und Potsdam, der reizvollen Stücke an. Als eine Sinfonie mit konzertierenden Soloinstrumenten zeigt sich dabei das Konzert für Klavier, Violine, Violoncello und Orchester C-Dur op. 56, ein Tripelkonzert nach barockem Vorbild. Es verlangt nach drei, im Kammermusikspiel erfahrenen Solisten, die aufeinander hören und miteinander gut umgehen können. Am Silvesterabend waren es Studierende der Staatlichen Folkwang-Hochschule Essen, die sich der Aufgabe unterzogen, das spielfreudige Werk zwischen festlicher Freude und virtuosem Schwung auszudeuten.

Sehr breit und langsam nahm Björn O. Wiede den Beginn des Allegro, wohl um die Musiker allmählich auf die Nikolaikirchenakustik einzustimmen. Erst etappenweise kam man in Fahrt, zeigte sich das Zusammenspiel innerhalb der einzelnen Instrumentengruppen und im Tutti von seiner besseren Seite. Souverän führte sich das Klavier (Kledia Stefani, geboren in Tirana) ins Geschehen ein. Kraftvollen Anschlags durchmaß die Pianistin den technisch nicht sonderlich anspruchsvollen Part. Den der Geige spielte Mascha Rejkovic (geboren in Belgrad) mit kleinem und glanzlosem Ton brav vom Notenblatt – unter weitgehender Abwesenheit von Inspiration. Dabei störte ihr affektiertes Gebaren gleich einer Diva, ohne jedoch über deren Können und Ausstrahlung zu verfügen. Wollte sie so mangelnde Souveränität kaschieren?! Den in unbequemer hoher Lage notierten Violoncello-Part meisterte Philipp Wiede (geboren in Dresden) mit leichter und ebenmäßiger Tongebung. Mit poetischer Ausdruckskraft sang er im Largo sein Solo. Das Klavier spann den Faden fort, die Geige ließ es dagegen am nötigen Erblühen mangeln. Der Übergang in das schwungvoll-spritzige Rondo alla Polacca vollzog sich merkwürdig blass. Ein schwungvolles Bravourstück konnte so nicht entstehen. Aber wenigstens war über die Distanz von knapp vierzig Aufführungsminuten das Orchester zu einem Klangkörper zusammengewachsen.

Für die Wiedergabe der 8. Sinfonie F-Dur op. 93 natürlich unabdingbar, die auf diese Weise eine Menge von ihren derb-fröhlichen Stimmungen verbreiten konnte. Jetzt klang zusammen, was zusammengehört. Mancherlei Feinheiten waren nunmehr nicht nur erahn-, sondern auch hörbar.

Jedoch wollten die ironisierenden Brechungen nicht mit dem erforderlichen Nachdruck gelingen, wie beispielsweise im Allegretto scherzando, der köstlichen Hommage am Mälzels Metronom-Erfindung, die zu elegant daherkam. Solide ging es weiter, wobei im Finale von allen Beteiligten tatsächlich und sinnbildlich „auf die Pauke“ gehauen wurde.

Quicklebendig steuerte das quirlige Geschehen seinem Ende zu. Es geht also auch ohne götterfunkenden Freudentaumel und brüderlichen Weltenkuss, um vom alten Jahr Abschied zu nehmen. Es ist vollbracht. Na denn: ein gesundes, erfolgreiches und an Musikerlebnissen reiches Jahr 2007!

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