Kultur: Pastorale Freuden
Andreas Zacher eröffnete Orgelmusikreihe an St. Peter und Paul
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Andreas Zacher eröffnete Orgelmusikreihe an St. Peter und Paul Dass die Orgel mit mancherlei Instrumenten vorzüglich zusammenklingt (das Gespann mit der Trompete ist geradezu legendär), ist kein Geheimnis und für Organisten eine Möglichkeit, um das Spektrum der Spielliteratur gehörig zu erweitern. Nur sollte man das dann auf einem Programmzettel auch entsprechend ausweisen. Andreas Zacher, Kantor an der Propsteikirche St. Peter und Paul, versicherte sich am Ostermontag beim Auftakt seiner siebenteiligen Orgelmusikreihe der Oboe als originellem Begleitinstrument. Original waren die dafür ausgesuchten Stücke jedoch nicht, denn die Sonaten für Oboe verlangen nach dem Klavier bzw. Cembalo als Partner. Wenigstens diese Tatsache hätte man auf der Programmabfolge vermerken können. Geübten Ohren fiel der Unterschied natürlich sofort auf. Die prickelnde und reich figurierende Begleitung in Georg Friedrich Händels als Concerto B-Dur für Oboe und Orgel angekündigtem Stück konnte einfach nur für das Cembalo vorgesehen sein. Andreas Zacher zog sich demzufolge klanglich ganz in den Hintergrund zurück, ließ die Schuke-Orgel von St. Peter und Paul schlicht und filigran ertönen und gewährte so der Oboe ihren klanglichen Vortritt. Ingolf Börnchen bemühte sich um einen großen, gefühlvollen und geschmeidigen Ton, der anfangs nicht immer sauber und rund gelingen wollte. Reizvoll tönte das elegante Andante mit seinen ruhig schreitenden Orgelbässen. Es gelang beiden Instrumentalisten gut, den Ausdruck pastoraler Freude zu verbreiten. Ein Eindruck, der sich während der einstündigen Gemütserbauung fortsetzen sollte. In dienender Funktion fand sich das Tasteninstrument auch in den für Oboe und Orgel bearbeiteten, einander sehr stimmungsähnlichen Piecen von Felix Mendelssohn Bartholdy (Arioso), Robert Schumann (Nachtlied) und Franz Goltermann (Cantilene) wieder. Sie sind immer gut für ein gefälliges Seelenstreicheln, mehr aber auch nicht. Da hatte die Sonate e-Moll für Oboe und Basso continuo von Francesco Geminiani (um 1680-1762) Gewichtigeres aufzubieten. Im Stile einer Sonata da chiesa kommt sie daher, beginnend mit einem gravitätischen Satz voller Beschaulichkeit und endend in einem verzierungsreichen Vivace. Das Ganze wurde beweglich artikuliert und überschaubar phrasiert. Gern hörte man auch zwei Sätzen aus der Sonate für Oboe und Klavier op. 166 von Camille Saint-Saëns (1835-1921) zu. Aufsteigende Läufe voller Sanftmut, die immer wieder in Erregung münden, bestimmten das Andantino; wie ein lockender Hirtengesang hörte sich das Allegretto an. Oder ist''s gar ein sich lustvoll räkelnder Faun? Wie es auch sei: das Liedhafte und Sinnliche kam im intensiven Vortrag gleichermaßen gut zur Geltung. Als „Farbtupfer“ dienten ausgehaltene Orgelpunkte und arpeggierte Akkorde. Dem romantischen Duo-Gesäusel stand die vitale „Hausmannskost“, ausgeteilt von der Königin der Instrumente, gegenüber. Hier konnte Andreas Zacher solistisch zeigen, wozu er und sein Medium fähig sind. Mendelssohn Bartholdys B-Dur-Sonate (übrigens op. 65 Nr. 4) zeigte sich dabei – ohne aufregende Registrierungen – ganz von ihrer religiösen Erhabenheit. Sanftmütig tönte das liedhafte Allegretto, scharfzüngig das virtuos ausgebreitete Vivace. So recht in seinem Element war der Organist dann in den „Litanies“ von Jehan Alain (1911-1940). Deren dissonante Akkordballungen trug er in geschärfter Diktion zupackend vor. Motorisches Treiben spitzte er dramatisch, geradezu theatralisch an. Rhythmisch nicht weniger pointiert breitete er das Finale aus der 1. Orgelsymphonie von Louis Vierne (1876-1943) aus. Vom toccatischen Zuschnitt ließ er sich zu einem wirkungsvoll gesteigerten Griff in die Vollen hinreißen. Großartig imaginierte er Orchesterostinati, über die sich gleichsam solistische Stimmen erhoben. Der französische Komponist wusste schon um die besonderen Wirkungen seiner neuartig angelegten Tonschöpfungen. Dem herzlichen Beifall dankten Ingolf Börnchen und Andreas Zacher mit einer seelenvollen Piece aus der Romantik-Abteilung.Peter Buske Nächstes Orgelkonzert: 4. Mai, 19.30 Uhr, St. Peter und Paul. Andreas Zacher spielt Werke von Alain, Bach, Buxtehude und Sweelinck.
Peter Buske
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