zum Hauptinhalt
In der Schwebe. Die poetischen Schiffskörper von Chris Hinze.

©  Andreas Klaer

Kultur: Pendelschiffe aus Potsdam

Der Waschhaus Kunstraum zeigt unter dem Motto „Made in Potsdam“ Werke lokaler Künstler

Stand:

„Wir mussten uns beschränken und eine Auswahl treffen“, sagt Ausstellungsmacher Mike Gessner. Werke von zehn Künstlern aus der Stadt zeigt „Made in Potsdam“ in einer bemerkenswert klug arrangierten Inszenierung. Die Ausstellung im Waschhaus Kunstraum korrespondiert mit dem Tanzfestival gleichen Namens und legt ebenfalls das Augenmerk auf heimische Produktionen. Das Ergebnis ist ein überzeugender Querschnitt durch die lokale Szene.

Die große Welt spiegelt sich im kleinen Format der Ausstellung, deren Exponate viele Formate der bildenden Kunst ausloten. Auf verhältnismäßig minimalistische Ausstellungsmodelle hat Tom Korn die Bauten von internationalen Stars der Architekturszene wie Peter Zumthor oder Le Courbusier geschrumpft. Ein karges Betongerüst bleibt von einem Pavillon Mies van der Rohes in Barcelona. Darauf appliziert Korn unverdrossen das Emblem eines Billigdiscounters. So wird die Architekturikone zum Flagschiff von alles einebnenden Konsumstrukturen. Das kann als Kritik an Gesellschaftsstrukturen gelesen werden, deren globale Egalisierung auch vor Museen und Kunstmessen nicht innehält. Selbst in die Teppichcollagen des Künstlers haben sich Logos eingeschlichen und machen den, vorgeblich der Romantik verhafteten, Eindruck der Landschaftsbilder zunichte.

Ganz im Poetischen pendeln dagegen die Schiffskörper von Chris Hinze. „Entscheidungszustände im Leben“, „Den Flug von Gedanken in der Schwebe“ symbolisieren sie für den Künstler. Hinze unterlegt die im Raum schwebenden Holzgerüste der Schiffe mit einer Klanginstallation, die mit Alltagsgeräuschen und unbestimmten Klangstrukturen den Eindruck erwecken soll: „gleich geht die Musik los“. Die schönen Schiffsmodelle vermitteln im Ausstellungsraum eine Leichtigkeit, die unmittelbar mit den schwergewichtigen Bildern von Menno Veldhuis korrespondiert. In kräftig aufgetragener Ölfarbe gemalt, robben Soldaten durch die „Übung“, drischt eine riesige Mähmaschine die „Ernte“ und zerquält der Zigaretten rauchende Künstler sich beim „Selbstportrait im Stuhl“. Mit stimmigem Farbklang und intensiver Hingabe an das Motiv kommt der niederländische Maler den thematisch schwierigen Sujets auf die Spur und gibt sich dabei ganz dem Medium hin.

Einen klaren Zeitbezug weisen dagegen einige der Arbeiten von Lothar Krone auf. Der Kopf des „Denkmals des unbekannten IM“ ist eine hohle Maske. Dennoch verfolgt einen der leere Blick. Ein Sensor steuert die Bewegung der Skulptur dementsprechend beim Rundgang um die Säule. Darauf findet sich, ebenso wie auf den Bildern Krones, ein Bibelzitat und zeigt, dass die Jahrtausende alte Schrift auch heute noch gültige Kommentare liefert. Gegenüber zeigt Mikos Meininger Künstlerbücher, die in den Jahren zwischen 1989 und 2007 entstanden sind. „Früher habe ich jedes Jahr ein Buch gemacht, heute fehlt mir die Zeit“, so Meininger. Das ist schade, denn der Künstler hat eine Reihe bibliophiler Kostbarkeiten entworfen, in denen er mit Formen und Drucktechniken, Farben und Poesie auf eine Weise jongliert, wie dies wohl nur das einzigartige Buchformat erlaubt. „In der DDR hatte das Künstlerbuch eine Tradition, denn Auflagen von weniger als 100 Stück wurden nicht zensiert“, sagt Meininger. Die Tradition verblasst in der digitalen Gegenwart, obwohl eine Wertschätzung angemessen wäre.

„Wir wollen künftig jedes Jahr mit einer Ausstellung beginnen, in der wir uns auf die Potsdamer Szene konzentrieren“, so Erik Bruinenberg, Leiter im Kunstraum. Auch sonst soll Potsdam im Programm des Kunstraumes dieses Jahr präsent sein mit Ausstellungen von Armando, der in Potsdam arbeitet, und von Bernd Krenkel und Mike Bruchner. In einer Lounge im Obergeschoss des Ausstellungsraumes können Künstler, die nicht in Ausstellungen präsent sind, ihre Arbeiten in Katalogen vorstellen. Richard Rabensaat

„Made in Potsdam“ noch bis zum 17. Februar im Waschhaus Kunstraum in der Schiffbauergasse

Richard Rabensaat

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })