Kultur: Pendelverkehr in der Fabrik
Die Blisstrain-Show versammelte Bands des Plattenlabels Exile On Mainstream in der Fabrik
Stand:
Der Blisstrain pendelte am Samstagabend durch die Potsdamer Fabrik. Blisstrain ist das Synonym für die Roadshow des Plattenlabels Exile On Mainstream. An diesem Abend sollten die aktivsten Bands des Labels auf zwei Bühnen gleichzeitig miteinander jammen. Doch auf ein musikalisches kollaborieren und umeinander herumspielen wartete das Publikum vergeblich, denn die Bühnen waren dafür zu weit voneinander getrennt.
Auf der Bühne eins zeigten The Antikaroshi aus Potsdam, die in T-Shirt und Jeans den Charme einer Schulband versprühten, dass auch mit klassischer Rockbesetzung – Schlagzeug, Bass und Gitarre – noch mehr geht als nur Rockmusik. In elektroakustischer Aufbereitung und Verstärkung findet sich in ihrer Musik ein Mix aus Jazz, Elektro und Postrock, dabei sind auch Elemente von Hardcore und Punk herauszuhören. Die drei Jungs von The Antikaroshi zeigten dem Publikum mit geballter musikalischer Vielfalt, dass sie sich in keine Schublade pressen lassen wollen. Extrem laute Töne von Gitarre und Bass wurden immer wieder übertönt vom Schlagzeug, so dass Sänger Thea Mühe hatte sich stimmlich durchzusetzen. Vielleicht war er deshalb nur selten zu hören. Ein reges Kommen und Gehen war im Publikum zu verzeichnen.
Da blieb man schon eher beim anschließenden Auftritt von Wave aus Minnesota. Auf Bühne zwei standen Schlagzeug, Gitarre, Bass, Keyboard und Violine samt Musiker bereit für die Session. Und der Blisstrain wäre nicht der Blisstrain, wenn sich der Wave-Sound nicht von dem soeben gehörten The Antikaroshi-Sound grundlegend unterschieden hätte. Wave setzten auf leise Töne, eine Mischung aus Klassik und Pop. Ein ruhiges Schlagzeug trommelte den Marsch, dazu fiedelte die Geige zum Gesang von Frontman Matt Iriwan. Der Bass blieb im Hintergrund, auch das Keyboard hielt sich zurück. Eine angenehme Ruhe ging durch den Raum. Das Publikum genoss diesen Moment mit geschlossenen Augen und mäßigem Kopfnicken.
Im wahrsten Sinne grenzüberschreitend verschmolzen hierbei Elemente der Klassik mit Elektronik und melodischem Pop. Nach wenigen Songs und einer halbe Stunde Meditationsgefühl rollte der Blisstrain wieder los und führt das Publikum zurück zur Bühne eins und musikalisch in eine andere Welt. Laut schrill und extrem, das ist die Musik von Don Vito. So wie The Antikaroshi und Wave gehören auch Don Vito aus Leipzig zu einer der aktivsten Band des Plattenlabels und durften deshalb an diesem Abend auf keinen Fall fehlen. Im Publikum stöpselten sich einige Fans die Ohren mit Watte zu. Sie standen in der Mitte des Raumes dicht aneinander und trauten sich nicht weiter vor die Bühne. Gewaltig dröhnte der Bass, unharmonisch schräg klang das Schlagzeug und Respekt einflößend kratzte der Gitarrist die Saiten. Das Publikum war wach. Das musikalische Erdbeben ging direkt in den Körper, Arme, Brust und Beine waren zur Bewegung gezwungen. Auch nach dem Gig von Don Vito hielt die Vibration den Körper in Bewegung.
Stinking Lizaveta profitierten davon, sie mussten fast nichts tun, um die letzten Bewegungsreserven auszuschöpfen. Als letzte Session an diesem Abend gaben sie auf Bühne zwei noch einmal alles. Vor allem Ms. Cheshire Augusta zeigte an den Drums, dass Schlagzeug spielen nicht nur Männersache ist. Sie wuchtete mit den Drumsticks auf die Becken, dass diese nur so schepperten. Dann hatte der Blisstrain – für diesen Abend zumindest – sein Ziel erreicht. Margret Hahn
Margret Hahn
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: