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Kultur: Pfingstrose grüßt Rhododendron Im lyrischen Arboretum von Helga Schütz

Zwei Rhododendron-Büsche begrüßten am Freitag im fahlen Violett ihrer Blüte die unerschrockene Verfolgerschar von schönen Gärten am Ort der Prominenten: Nahe des Ufa- und DEFA-Geländes bewohnt die Schriftstellerin Helga Schütz ein Altbauhaus, dessen „Umland“ eher Wald denn Garten ist. Auf moosigem Grunde wachsen dicke Kiefern himmelhoch.

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Zwei Rhododendron-Büsche begrüßten am Freitag im fahlen Violett ihrer Blüte die unerschrockene Verfolgerschar von schönen Gärten am Ort der Prominenten: Nahe des Ufa- und DEFA-Geländes bewohnt die Schriftstellerin Helga Schütz ein Altbauhaus, dessen „Umland“ eher Wald denn Garten ist. Auf moosigem Grunde wachsen dicke Kiefern himmelhoch. Eine dichtbelaubte Linde breitet Dämmernis zum Nachbargrundstück aus, dort, wo die hell-lichten Birken grünen. Zwischen einer Eibe, dem „Geisterbaum“, wieder Rhododendron-Gesträuch, drei Meter hoch. Der beste Ort für die URANIA Potsdam, im Garten vorlesen zu lassen: ob anhaltender Nachfrage bereits in der fünften Saison. Regen mischte sich immer wieder mal ein. Auch zum Jahresauftakt 04 schien er die Veranstaltungszeit zu kennen: Als alles vorbei war, hörte er auf. Aber wen ficht das an? Schirme und wetterfeste Jacken gehören längst zur Ausstattung der hortensischen Pilger-Gemeinde. Der Spruch „Wer im Trockenen sitzt, lacht über den Regen“ scheint für die vielen Getreuen offenbar nicht zu gelten. Also wurde trotzdem vorgelesen. Helga Schütz („Jette in Dresden“, „Dahlien im Sand“) offerierte Passagen ihres neuen, zum Jahresende erscheinenden Buches (Arbeitstitel „Knietief im Paradies“), welches – Autobiografisches sei ferne – vom Erwachsenwerden des Mädchens Eli im zerstörten Dresden nach 1945 erzählt. Zufall, dass die junge Dame ausgerechnet in einer Lehrgärtnerei unterkam! Gute Prosa jedenfalls, heiterer Ton, humorvolle Art des Beschreibens, man hatte seine Freude unterm Schild von Schirm und Föhre, und dass die Technik schlapp machte, war in unseren perfekten Zeiten eher Wonne als Not. Ein lyrischer Garten des Urwuchses wie in Wilhelmshorst: Peter Huchel lieh der Veranstaltung denn auch ihren Namen. „Das Laub der Linde sprach mit dem Kind“ ist der Titel eines Gedichtes, worin er die Landschaft seiner Kindheit zwischen Zauche und Langerwisch behutsam umschreibt, „damals“. Klaus Büstrin las die Gedichte vom glücklichen Garten, von Holunder und Löwenzahn, von Undine und Caputher Heuweg im Singsang seines Wohlgefallens ausgesprochen schön; ein Amselmann sang laut dazu. Die letzten, „Hundstage“ und „Sonnenblume“ wurden vom Veranstalter kurzerhand nässehalber gestrichen. Das natürliche Arboretum zog offenbar die kalte Feuchte an. Unbeeindruckt davon auf Holzblasinstrumenten die Musik. Benjamin Kahleyss (Oboe), Rico Wolff (Klarinette) und Sebastian Pietsch (Fagott) spielten von der Veranda her, aus dem Trockenen also. Außer Joseph Haydn''s Divertissement g-Moll Nr. 5, sehr sanft, waren mit Erich Sehlbach, Paul Pierne und Joseph Canteloube vor allem sehr harmonische Kompositionen aus dem 20. Jahrhundert zu hören. Das Holzbläsertrio der Brandenburger Symphoniker legte, an diesem Wettertage, viel Gefühl und melancholische Eintracht in seine Interpretation. Alles war wie ein Ton, und trotzdem schön für sich selbst. Der Regen ging und der Ton verrann. Es gab keine Pause. So hatte der liebevoll vorbereitete Sommer-Imbiss diesmal das Nachsehen. Die Künstler schritten zum verdienten Applaus, ein jeder bekam, sehr passend, Pfingstrosen zum Dank, auch die holde Nachbarsfamilie jenseits des zaunlos-offenen Gartens. Charlotte Joop hatte sie – dem Rhododendron-Geblüh unterm Kien zum freundlichen Gruße – spendiert. Im Regen. Im Regen. Gerold Paul

Gerold Paul

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