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Kultur: „Potsdam ist meine Stadt“

Leipziger Vokalensemble eröffnete die Hofkonzerte

Stand:

Leipziger Vokalensemble eröffnete die Hofkonzerte Gegönnt sei jedem, was das Seine ist: Den Potsdamer Hofkonzerten auch im 15. Jahr ihres Bestehens Qualität und Zukunft, dem honorigen Publikum wie immer hoher Kunstgenuss, dem trefflichen Vokalensemble „amarcord“ viel Energie und Glanz, „Die mystische Kraft der frohen Botschaft“ auch trefflich über die Rampe zu bringen. Mit diesem Programmtitel hatte das Leipziger Vokalquintett am Freitag alle Ehre, die neue Saison der vielleicht dienstältesten Konzertagentur Potsdams zu eröffnen. Barbara V. Heidenreich hielt dem voll besetztem Schlosstheater eine kluge Rede des Dankes, Mutes und der Zuversicht, worin sie den Luxus „Kunst“ mit Mäßigung und „Standortsensibilität“ verband, Geistesfreiheit mit „dienendem Gehorsam“. Sie bekannte vor aller Augen: „Potsdam ist meine Stadt“. Dann folgte das 90-minütige Nonstop-Konzert des vielfach ausgezeichneten A capella-Ensembles, allesamt aus dem Thomaner-Chor hervorgegangen und seit 1992 zusammen. Die Tenöre Wolfram Lattke und Dietrich Barth, Bariton Frank Ozimek und die Bässe Daniel Knauft und Holger Krause verstehen sich ja als Botschafter der Musikstadt Leipzig. Ihr Repertoire schließt seit dem Mittelalter eigentlich nichts aus, sie arbeiten aber auch gern mit zeitgenössischen Komponisten wie Dimitri Terzakis oder Marcus Ludwig zusammen. Das Programm assoziierte im Titel zwar geistlichen Anspruch, bestand aber aus einem Mix internationaler Folklore – Fundstücke ihrer zahlreichen Reisen – Songs des zwanzigsten Jahrhunderts sowie Arrangements auf Bach, Grieg, Poulenc und Elgar, alles in der Originalsprache gesungen. Untertitel: „eine musikalische Reise um die Welt“. Es dauerte seine Zeit, bis sich die „langen Kerls aus Leipzig“ (Selbstaussage) im Schlosstheater heimisch fühlten. Fünf spätromantische Lieder aus Edward Elgars Zyklus „From the Greek Anthology“ op. 45 wurden zur Eröffnung ruhig, verhalten, dunkel gegeben; ein wenig hymnisch „Feasting I watch“. Der Vortrag wirkte trotz erstaunlicher Homogenität der Stimmen kühl. Auch beim schwurträchtigen Liebeslied „Juramento“ aus Cuba hätte man trotz des gebremsten Bolero-Rhythmus mehr Feuer erwartet. „Amarcord“ fehlt nicht ausgefeilte Technik, Ensemblegeist und Gefühl, wohl aber Volumen, gelegentlich auch Ausdruck. Warum wurde in dem Ehezwist aus dem Baskenland („Arotzak erran dio“) oder im jiddischen Lied „Trink, Bruder, trink ois“ nicht ordentlich Gas gegeben? Melancholie und Gravitation bestimmten gleichbleibend Griegs Gesänge aus dem Album for Mandsang op. 30, auch die schottischen und die Schweizer Weise „Stets in Trure“ düster und erdnah. Dem „Zauber der spanischen Nächte“ (Ernst Fischer) war kaum Geheimnisvolles abzuringen, und die drei Titel der Comedian Harmonists blieben, auch wenn humorige Gesten die anfangs unelastische Auftrittsart auflockerte, hinter den Originalen zurück. Es war bis dahin alles in Ordnung, nur fehlte eben manchmal das Leben. Aus eigenem Haus drei Elogen an den Thomaskantor Bach: das „Air“ aus der vierten Orchestersuite, die von Ward Swingle arrangierte Fuge c-Moll aus dem „Wohltemperierten Klavier I“ und das ganz traurige „Bist du bei mir BWV 508, festgehalten im 2. Notenbüchlein für Anna Magdalena, sehr schön. Zuletzt drei hübsche Vertonungen von Marcus Ludwig, Soldatenlieder von 1916, mit Innigkeit gesungen, final eine echte Moritat. Stürmischer Beifall, Zugaben, Blumen.

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