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Kultur: Potsdam liest
Hans Magnus Enzensberger, Juli Zeh und Denis Scheck werden zum Festival erwartet
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Kulturelle Gespräche in der Villa Jacobs, gekonntes Gruseln in der Waschhaus- Arena oder entspanntes Zuhören auf dem Wasser. Das Literaturfestival „lit:potsdam“ führt seine Besucher nicht einfach nur auf literarische Pfade, es lädt sie auch ein, die Stadt in all ihren Facetten kennenzulernen. Bereits zum zweiten Mal findet das Festival vom 22. bis 24. August in Potsdam statt und präsentiert dieses Jahr rund 20 internationale Autoren. Die zahlreichen Lesungen und Programmpunkte sollen den Besuchern dabei die Möglichkeit geben, mit den Autoren ins Gespräch zu kommen und kulturellen Austausch zu betreiben.
Am gestrigen Freitag stellten die Veranstalter sowie Organisatoren Karin Graf und Richard Gaul die Höhepunkte des Programms bei einer Bootsfahrt durch die Wasserstraßen Potsdams vor. Begleitet wurden sie dabei von dem Potsdamer Schriftsteller und Dramaturg John von Düffel, der passend zum Ort aus seinen Werken „Vom Wasser“ und „Wassererzählungen“ las. Auch er wird beim Festival dabei sein und am Sonntag gemeinsam mit Marion Brasch und Jens Sparschuh über persönliche Lebensstrategien, individuelle Neuanfänge und den subjektiven Umgang mit Ungewissheiten lesen und diskutieren (s. Interview rechts). Die Protagonisten aller drei Autoren wagen sich dabei vor in das Ungewisse.
Zum Auftakt des Festivals wird Hans Magnus Enzensberger lesen. In der von Peter Joseph Lenné gestalteten Parkanlage der klassizistischen Villa Jacobs liest er aus seinem Buch „Herrn Zetts Betrachtungen“ und diskutiert darüber mit Denis Scheck. Am Tag darauf stellt er gemeinsam mit Udo Samel seinen „Lebensautor“, den französischen Philosophen, Aufklärer und Intellektuellen Denis Diderot, vor, dessen Werk ihn seit über 30 Jahren begleitet. Der 1929 in Kaufbeuren geborene Schriftsteller, Dichter, Herausgeber, Übersetzer und Redakteur Enzensberger gehört zu den bekanntesten Gegenwartsliteraten Deutschlands. Als sogenannter „Writer in Residence“ soll er eine besondere Bereicherung für das Potsdamer Literaturfestival sein. Wie Karin Graf erklärte, wird Enzensberger sich als erster Autor des Festivals eine ganze Woche, also auch über „lit:potsdam“ hinaus, in der Stadt aufhalten, um sich ein Bild von der Stadt zu machen und mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. „Wir sind ganz besonders stolz, dass wir ihn gewinnen konnten“, so Karin Graf.
Ebenfalls am Samstag wird die Schriftstellerin und Juristin Juli Zeh in der Stadt- und Landesbibliothek aus ihrem neuen, im September 2014 erscheinenden Buch „Nachts sind die Tiere“ lesen. Politische Aufklärung ist hier das Kernthema: Zeh durchleuchtet die Folgen der NSA-Affären und setzt sich im Angesicht verworrener digitaler Machtstrukturen radikal für den Erhalt demokratischer Werte und für die Freiheit des Wortes ein.
Am Abend wird es dann auch literarisch gesehen finster: Die erste Thrillernacht des „lit:potsdam“ mit den beiden Bestsellerautoren Sascha Arango und Sebastian Fitzek beschließt den zweiten Festivaltag in der Waschhaus-Arena. Fitzek ist nicht nur einer der bekanntesten Thriller-Autoren Deutschlands, seine Bücher wurden mittlerweile in 24 Sprachen übersetzt und sind Vorlage für internationale Kinoverfilmungen. Auch Sascha Arango ist als Filmautor berühmt. Der mehrfache Grimme-Preisträger hat unter anderem für den „Tatort“ Drehbücher geschrieben. Beim „lit:potsdam“ lesen und diskutieren die beiden Fachmänner für Spannungsliteratur über die Gefahren in den Abgründen der eigenen Psyche.
Den dritten Festivaltag eröffnet eine Matinee mit Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und der in New York lebenden dänischen Autorin Janne Teller in der Schinkelhalle. Sie werden darüber diskutieren, inwieweit sich in der Literatur Denkmuster finden lassen, die auch für den Umgang mit den großen außenpolitischen Krisen unserer Zeit von Bedeutung sein können. Es wird darum gehen, wie weit Literatur eingreifen kann in politisches Geschehen und wie sie helfen kann, sie transparenter zu machen.
Ganz entspannt soll es dann am Sonntag zugehen: Hier stellen bekannte Persönlichkeiten aus Literatur und Fernsehen während einer Floß- oder Bootsfahrt ihre „liebsten Brandenburger“ vor. Anlässlich des diesjährigen Gedenkens an den Ersten Weltkrieg bildet eine thematisch angelehnte Lesung den Abschluss des Festivals. Der preisgekrönte Zeithistoriker Jörn Leonhard liest dazu in der Villa Quandt aus seinem Buch „Die Büchse der Pandora“. Begleitend dazu werden die Anfänge des Ersten Weltkriegs musikalisch erzählt: Marina Frenk und Anastasia Gubareva vom Maxim Gorki Theater singen patriotische Lieder. Über Videos, die Jörg Thadeusz und Kristin Krüger im Auftrag von Radioeins (rbb) gedreht haben, kommen außerdem Zeitzeugen zu Wort. Darin erzählen drei über Hundertjährige von ihren Kindheitserinnerungen an den August 1914.
Neben den vielen Lesungen gibt es am Sonntag außerdem einen großen Büchermarkt, auf dem sich Potsdamer und Brandenburger Autoren, Verlage sowie Buchhandlungen vorstellen. Hier bietet sich einmal mehr die Möglichkeit, sich über das Gehörte, Gelesene und Gesehene auszutauschen und neue Kontakte zu knüpfen.
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