Kultur: Prasselnde Kastagnetten, stampfende Viehherden Brandenburger Symphoniker im Nikolaisaal
Dass zur Musik der spanischen Hemisphäre nicht nur Gitarren, Kastagnetten und Fandango gehören, sondern auch so etwas wie Malambó und Mayombé-Bombé, wurde spätestens beim Sonntags-Konzert im Nikolaisaal klar. Unter der Leitung von Michael Helmrath präsentierten die Brandenburgischen Symphoniker ein hinreißendes Programm von spanischer Klassik bis lateinamerikanischer Moderne.
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Dass zur Musik der spanischen Hemisphäre nicht nur Gitarren, Kastagnetten und Fandango gehören, sondern auch so etwas wie Malambó und Mayombé-Bombé, wurde spätestens beim Sonntags-Konzert im Nikolaisaal klar. Unter der Leitung von Michael Helmrath präsentierten die Brandenburgischen Symphoniker ein hinreißendes Programm von spanischer Klassik bis lateinamerikanischer Moderne. Friederike von Krosigks fantastisches Spiel auf den Konzert-Kastagnetten stellte einen ganz besonderen Höhepunkt dar.
„Flamenco ist im wesentlichen eine Art zu leben, eine Ethik und Philosophie“, erklärt der Gitarrist Miguel Iven im Gespräch mit Clemens Goldberg. Miguel Iven muss es wissen, denn er hat nicht nur zwölf Jahre in Andalusien gelebt und gelernt, sondern er ist derzeit der einzige deutsche Flamenco-Gitarrist, dessen CDs von einem spanischen Händler vertrieben werden. Das spricht nicht nur für Offenheit und Anerkennung auf spanischer Seite, sondern vor allem für die Kunst von Miguel Iven. Seine selbst komponierten Werke „Solito“ und „Solera y crianza“ fesselten mit großartig mehrstimmigen, rhythmischen Gitarrenspiel in bester Flamencotradition.
Als Friederike von Krosigk mit ihren Konzertkastagnetten einstimmt, ist die spanische Illusion perfekt. Man spürt, dass es diesen Künstlern nicht um trockene Nachahmung von Folklore geht, sondern um lebendigen Ausdruck, um die innige Verschmelzung von geschätzter Tradition und eigener Empfindung. Friederike von Krosigk erhebt das Kastagnettenspiel in höchste Ränge. Aus den kleinen Holzschellen zaubert sie Feuerwerke und Funkenflüge, klickend und prasselnd malt sie weite Linien und Bögen, leuchtende Kreise und Wirbel.
Überraschend auch, wie unterschiedlich Kastagnetten klingen können, je nach Machart, hell und durchdringend oder weich und voll. Erst recht bei den „Spanischen Tänzen“ und Joaquin Rodrigo und der prachtvollen „Zigeunerszene“ von Nikolai Rimski-Korssakow entfaltet sich das Kastaganettenspiel der Künstlerin mit Grazie, Stolz und Noblesse. Die Brandenburger Symphoniker spielen dazu wunderbar locker, klangschön und überzeugen auch in den Soloparts durchwegs. Manuel de Fallas „Dreispitz“ erfreut mit federnder Intonation und zauberhafter Flöte. Entdeckerruhm gebührt Michael Helmholtz für die Aufführung der Werke von Alberto Ginastera und Silvestre Revueltas.
Ein Juwel wie Ginasteras wogender, süffiger „Danza de trigo“ (Tanz der Weizenfelder") mit einem schönen Violinsolo könnte viel öfter gespielt werden. Auch der „Malambó“ hat seinen exotischen Reiz, sieht man hier doch eine entfesselte Viehherde in wildem Stampfen durch die Weite der argentinischen Pampa rasen. Ein lateinamerikanisches „Symbolstück“ nannte Clemens Goldberg „Sensemayá“ von Silvestre Revueltas. Der noch zu oft unterschätzte mexikanische Komponist schuf nach einem Gedicht des Kubaners Nicolas Guillén ein faszinierendes Klanggemälde, das Elemente von drei Kulturen zusammenbringt.
Afrikanische Rhythmen, indianische Mythen und der mit viel Schlagwerk angereicherte europäische Orchesterklangkörper verbinden sich zu einer ungewohnten Melange aus ostinaten Polyrhythmen und kompakten Klängen. Stufenförmig ansteigend folgt ein musikalischer Durchgang auf den anderen. Bei der trefflichen Interpretation der Brandenburger Symphoniker konnte man quasi zusehen, wie der lebensgefährlichen Schlange „Sensemayá“ der Garaus gemacht wurde. Mit dieser nicht unbedingt beschaulichen Szene endete das sehr gelungene Konzert der Brandenburger Symphoniker.Babette Kaiserkern
Babette Kaiserkern
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