zum Hauptinhalt

Kultur: Prinz zu Fuß Jörg Kirschstein über Prinz Oskar in der Villa Quandt

Die „Hausgesetze“ der Hohenzollern sind streng. Sie regeln die Thron- und Erbfolge, sorgen aber auch, dass sich das Blut des blauen Standes nicht allzu sehr verdünne.

Stand:

Die „Hausgesetze“ der Hohenzollern sind streng. Sie regeln die Thron- und Erbfolge, sorgen aber auch, dass sich das Blut des blauen Standes nicht allzu sehr verdünne. Ein Blick in die einschlägigen Stammbäume zeigt freilich schnell, wie oft neben dem Zeichen für „Hochzeit“ auch das Wort „nicht hausgesetzmäßig“steht. Welche Folgen das für Prinz Oskar von Preußen hatte, den fünftgeborenen Sohn Wilhelm II., schilderte am Dienstag ein gut besuchter Vortrag dort, wo der Prinz von 1915 bis 1945 mit seiner Familie wohnte: in der Villa Quandt.

Jörg Kirschstein, exzellenter Kenner des Kaiserhauses, hatte sogar Extra-Fortune zur Seite: Dank der Prinzessin Armgard von Preußen war es möglich, eine Reihe von Familienfotos zu digitalisieren und die kahlen Wände der Vortragssäle der Villa damit zu zieren. Vierzig dieser Fotos, Familienszenen, aber auch Interieur-Aufnahmen, bestätigen die eher „großbürgerliche“ Lebensweise des Prinzen und seiner gräflichen Frau.

Als Kronprinz wäre Oskar (1888-1958) zwar nie zum Zuge gekommen, aber was seine zuvor geborenen Brüder an Privilegien genossen, Haus- oder Hofstaat, prächtig ausgestattete Zweitwohnungen in Berlin und anderes mehr, das blieb ihm verwehrt. Bereits 1907 hatte er die Gräfin Ina Marie von Bassewitz als Hofdame seiner Mutter Auguste Victoria kennen- und lieben gelernt. Es dauerte, bis man ihn – am letzten Friedenstag 1914 – im leerstehenden Schloss Bellevue „nicht hausgesetzmäßig“ heiraten ließ, denn die Gräfin war dem hohenzollernschen Familienkodex „nicht adlig genug“.

1914 wurde die Villa Quandt angekauft, ein Jahr später bezogen. Prinz Oskar kämpfte allerdings erst einmal als Kommandeur der Liegnitzer Grenadiere im Range eines Obersten fürs Vaterland. Die „Hausgesetze“ griffen trotzdem, er bekam beispielsweise keinen eigenen „Hofstaat“ und musste sich mit sechs Bediensteten begnügen. Während dieser Zeit gebar ihm seine hochgeachtete Gattin zwei Söhne und 1918 eine Tochter, die man wegen des Thronsturzes, wie gemein, Prinzessin Herzeleide nannte. Dafür kamen einige Möbel aus dem Neuen Palais in die Villa. Vier Jahre später war die Familie komplett, und das 1929 um zwei Flügel erweiterte Haus mit vier Kindern „voll“.

Prinz Oskar wurde von Jörg Kirschstein als treusorgender Vater und fleißiger Mann beschrieben, so bescheiden, dass er kein Auto hatte. Seine Wege, ein Foto zeigt es, erledigte er zu Fuß, oder mit dem Fahrrad. Hübsches Detail: Noch 1928 trug er die kaiserliche Uniform auf der Straße. Was man nicht erfuhr, war sein Kampfeinsatz am Westwall in Weltkrieg Zwo (vorzeitig entlassen), sowie Näheres über seine Arbeit als Herrenmeister des Johanniterordens, dem er seit 1927 vorstand. Auch in die „kaiserliche“ Villa quartierte man zum Kriegsende hin etliche Flüchtlinge ein. Die Familie erlebte auch die verheerende Nähe einer explodierenden Bombe nur sechzig Meter vom Hause entfernt. Mitte April 45 (die Gattin war vorausgefahren) dann der bittere Abschied des letzten Hohenzollern vor Ort, von Potsdam, vom Haus, von der Bibliothek mit der Sammlung seltener Burgenbücher; das Interieur wurde von den Russen als Beute abtransportiert. Bis zu seinem Tod arbeitete Prinz Oskar in Bonn für den Orden. Am 99. Geburtstag seines Vaters starb er, an Krebs. Gerold Paul

Gerold PaulD

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })