Kultur: Quetschenpower
Tanzen mit Di Grine Kuzine im Lindenpark
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Tanzen mit Di Grine Kuzine im Lindenpark Wo wart ihr, als die „Di Grine Kuzine“ im Lindenpark spielte? Die Konzertliebhaber der Region haben hoffentlich eine gute Ausrede für das unentschuldigte Fernbleiben. Die Radioquote für deutsche Musik sollte in die Tonne getreten und stattdessen eine Potsdamer Kulturquote eingeführt werden: 50 Prozent der Konzerte im Monat müssen in Potsdam absolviert werden! Dass die „Schwänzer“ etwas verpasst haben, muss wohl nicht erwähnt werden? Doch! Denn „Di Grine Kuzine“ kann man nicht genug loben, für ihre mitreißende Bühnenshow und ihre musikalische Melange aus 1000 und 1 Musikstil. Im Restaurant der Weltmusik haben sie die Speisekarte einmal rauf und runter bestellt und so ein Gericht zusammengestellt, dass viel zitiert und doch einzigartig bleibt. Die Zutaten sind dabei nur erste Wahl und werden von den Musikern entsprechend qualitativ hochwertig verarbeitet. Weltoffen und lokal, polyglott und „Berliner Schnauze“ – die Ambivalenz ihrer Musik stört nicht, sondern belebt. Ihre musikalische Agenda scheint aus nur zwei Zielen zu bestehen: Gute Laune und Tanzfieber verbreiten. Den knapp 100 Anwesenden darf dann auch getrost ein kollektives Fleißbienchen für „Rhythmischen Tanz“ gestempelt werden. Raumfüllend tanzten und hüpften die Zuschauer durch den Saal. Der friedfertige Raubzug der „Kuzinen“ führt durch Klezmer-Landschaften und gebirgige bulgarische Dörfer. Auf dem Balkan wird ein Fest gefeiert und auf Kuba genießen wir Latino-Rhythmen und spanische Gesänge. Die charmante Reiseleiterin Alexandra Dimitroff singt in quietschendem, kraftvollem Alt und quetscht fleißig ihr Akkordeon. Um sie herum springen Männer in Anzügen, die Schlagwerk (Snorre Schwarz), Tuba (Steve R. Lukanky), Sopransaxophon, Klarinette (Juri Schrot) und Trompete (Karel Komnatoff) zu bändigen suchen. Selbst der Spätromantik verpflichte Gustav Mahler kann sich vor ihren Attacken nicht im Klassik-Regal verstecken. Mahlers Sinfonie wird zu „Gustavs Son Tumbao“ in der Schrot an der Klarinette seine Erstklassigkeit unter Beweis stellen kann. „Kein Musik ist ja nicht auf Erden, die unsrer verglichen kann werden" heißt es in Mahlers Schlusssatz der 4. Sonfonie über das himmlische Leben. Aber wenn das Paradies ein Musik-Festival ausrichten sollte, müssen „Di Grine Kuzine“ unbedingt auf dem Programm stehen. Zurückgekehrt ans heimische Feuer, beweist Dimitroff, dass ihr auch der Berliner Jargon prima steht. Tubanist Lukansky lässt die Lungenflügel zur Hymne auf die Hauptstadt „Berlin“ noch einmal flattern und das Publikum nutzt die letzte Tanzgelegenheit ausgiebig. Ende des Jahres gibt es endlich einen neuen Teil des musikalischen Logbuches ihrer Weltreise.Christoph Henkel
Christoph Henkel
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